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Zu der Wiedereinbürgerung des Gamswildes(Rupicapra rupicapra) im Schwarzwald und der Einbürgerung in den Vogesen

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Indizes fiir Wachstum und Energieurnsatz der Fasanen, Rebhiihner und Stockenten 23

Les donn6es fournies par cette recherche pourront, en outre, servir de base h l'61aboration de dispositifs et de mat6riel destin6s fi l'61evage. Trad. : S. A. DE CROIVIBRUGGHE

Li te ra tur

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Aus dem Institut fiir Haustierkunde der Universit~'t Kiel, Leiter: Prof. Dr. H. Bohlken

Zu der Wiedereinbiirgerung des Gamswildes (Rupicapra rupicapra) im Schwarzwald und der Einbiirgerung in den Vogesen

Von F. BAMBERG, Bad Schwartau

Einbiirgerung bzw. Wiedereinbiirgerung von Wildtieren ist seit langem eine vielfach diskutierte und nicht unproblematische Maf~nahme zur Gestaltung von Faunen (NIET- HAMMER 1963). Es sollen hier eine Einb/irgerung sowie eine Wiedereinb/irgerung vorge- stellt werden, die tiber 40 bzw. 25 Jahre zuriickliegen und dennoch weitgehend unbekannt blieben.

1 S c h w a r z w a l d

1.1 Wiedere inb i i rgerung

Im 14. Jahrhundert, also vor ca. 500 Jahren, war das Gamswild im Hochschwarzwald noch Standwild. Erst mit dem Ende des 14. Jahrhunderts wurde es ausgerottet und kam nur noch als Zu- und Durchziigler aus dem Allg~iu, Vorarlberg und der Schweiz vor. Nachweise erlegter Gemsen liegen erst wieder ab 1880 vor.

U.S. Copyright Clearance Center Code Statement: 0044-2887/83 /2901-0023 $ 02.50/0 Z. Jagdwiss. 29 (1983), 23-30 © 1983 Verlag Paul Parey, Hamburg und Berlin ISSN 0044-2887 / InterCode: JEJAAA

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1880 - 3 Gemsen im Feldberggebiet erlegt 1887 - 1 Gamsbock im H611ental erlegt 1891 - 1 Gamsbock bei St.Blasien erlegt 1900 - 1 Gams im Zastlertal erlegt 1903 - 1 Gams im Zastlertal beobachtet 1932 - I Gams im Hofsgrund beobachtet

Aus den langen Fristen zwischen den Gamsmeldungen kann man wohl schlieflen, daft diese Wildart aus eigener Kraft nicht in der Lage war, den Schwarzwald wieder zu besiedeln, zumal noch Abschiisse get~itigt wurden (zum Teil illegal).

Die Autoren STERX 1974 und FtlEY 1976 nehmen im Wiederansiedlungsgebiet ca. 4 Stiick Gamswild als Restbestand an und betrachten die Wiedereinbiirgerung von 1935 als Aufstockung. Es kann sich bei diesen wenigen Tieren aber auch um Individuen handeln, die aus dem A1penraum eingewandert sind.

Dieser Wiedereinbiirgerungsversuch wurde mit insgesamt 21 Stiick Gamswild folgender Herkunft unternommen.

Herkunft:

Am 1.1. 1935 1 Bock (6--7jiihrig)

am 18.4. 1935 1 Bock (3-4jiihrig) 1 Geit~ (ca. 12j~ihrig) 2 Bockkitze

am 2.2. 1938 1 Bock (5j~ihrig) 1 Bock (7j~ihrig) 1 Bockkitz 1 Geif~ (4j~ihrig) 1 Geifl (5j~ihrig) 2 Geif~en (8j~ihrig) 1 Geif~kitz

am 24. 1. 1939 1 Bock (2j~ihrig) 1 Bock (6jiihrig) 1 Bockkitz 1 Geif~ (4j~ihrig) 1 Geifl (1 ljiihrig) 2 Geif~kitze

am 6.4. 1939

Revier Seeau der Fiirstlich Hohenberg'schen Dom~ine Eisenerz in Steiermark

Osterr. Bundesforstverwaltung Ebensee, Bezirkshauptmannschaft Gamaden (HSllengebirge)

Franz-Meyr-Melnhof'sche Forstdirektion Leoben (Steiermark)

Franz-Meyr-Melnhof'sche Forstdirektion Leoben (Steiermark)

1 Geifl (10j~ihrig) Franz-Meyr-Metnhof'sche Forstdirektion Leoben (Steierrnark)

Diese Wiedereinbiirgerung des Gamswildes wurde ohne wissenschaftliche Vorunter- suchung unternommen. Zur Vorbereitung verglich man lediglich das Grundgestein sowie die H6henlagen und w~ihlte danach Tiere entsprechender Herkunft.

Nach Auffassung der Gamswildkenner und Jagdautoren der ersten Hiilfte dieses Jahrhunderts, FUSCHELBERG~R und KNAUS, die eine 5kologische Unterteilung der Gams- bestiinde der Alpen in Wald- und Gratgams vornahmen, wurden Tiere der H6henlage um 1300 m fiir die Wiedereinbiirgerung im Schwarzwald und aus ca. 800 m H6henlage fiir die Vogesen verwendet. SCHR6DER 1974 zweifelt an der Richtigkeit der 5kologischen Sonde- rung der Gamsbest~inde, da das Gamswild die baumfreien H6henlagen der Alpen erst besiedelt hat, nachdem der Steinbock ausgerottet war. Gelegentlich werden in der Literatur

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Wiedereinbiirgerung des Gams~ildes im Sch~varz~ald und Einbiirgerung in den Vogesen 25

die beiden ,,Okotypen" sogar als Subspezies bezeichnet. Heute, nach der Wiedereinbtirge- rung des Steinwildes in einigen Bereichen der Alpen wird das Gamswild in diesen Gebieten wieder in die obere Waldregion abgedriingt.

Als Aussetzungsort im Schwarzwald w~hlte man den Langengrund, ein Seitental des Zastlertales, westlich des Feldbergs (Abb. 1). Der Einstand erschien mit seinen Wald- und Felspartien gut geeignet und das Zastlertal, Wilhelmertal, Feldberg und Belchen entwickel- ten sich zu einem Kerngebiet.

1.2 Entwicklung

Die Entwicklung des Bestandes gliedert sich in drei Zeitabschnitte: 1. Von der Wiedereinbiirgerung bis zur Wiedererlangung der Jagdhoheit 1949; 2. Von 1950 bis die Forstverwaltung 1965 Reduktionsabschiisse beantragte; 3. Von 1965 bis 1980.

1.2.1 Zeitabschnitt 1935 his 1949

Nach der Aussetzung lief~ man die Jagd ruhen und beschr~inkte sich auf Beobachtungen. Die Ereignisse ab 1939 machten eine regelmiiflige und systematische Bearbeitung unm6g- lich, da das forstliche Personal sich anderen Arbeiten zuwenden muf~te. Nach dem Kriege wurde durch eine gute Zusammenarbeit mit der franz6sischen Besatzungsmacht erreicht, dab die Gamsbesdinde weiter geschont wurden. Die franz6sischen Reparationshiebe, die als grof~fliichige Kahlhiebe im Schwarzwald gefiihrt wurden, konnten nicht verhindert werden. Dem Gamswild jedoch boten diese Fl/ichen eine sowohl quantitativ wie aueh qualitativ gute Nahrungsgrundlage, so daft der Bestand schnell anwuchs. Am Ende dieses Entwicklungsabschnittes war die Gamspopulation auf ca. 400 Tiere angewachsen.

•.2.2 Zeitabschnitt 1950 bis 1965

Das J'ahr 1949 brachte mit der Griindung der Bundesrepublik auch die Jagdhoheit zur/.ick, so daf~ sich die Badische Forstverwaltung wieder mit dem Gamswild besch~iftigen durfte.

~ ~ , . ~Houpte/nstondsgebiet ~Aussetzungsgeb/et

lO Km Abb. 1. Schwarzwaldgamsverbreitungskarte Schweiz

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/ , , r - < " " : : - 7 - - - - " : - 1935 1950 1980 (1")

Abb. 2. Gamswild-Populationsentwicklung im Schwarzwald (Werte nach Abschuflplan Landratsamt Freiburg)

Die ersten Abschiisse im Jagdjahr 1953/54 brachten auch die Erkl~irung des rapiden Populationswachstums der vorhergehenden Jahre (Abb. 2).

Im Tierhygienischen Institut Freiburg wurde festgestellt, daf~ Tiere schon mit 36 Monaten tr~ichtig wurden, w~ihrend man sonst erst mit durchschnittlich 48 Monaten die Geschlechtsreife erwartet (KNAuS/ScHR6DER 1960). Daf~ das Gamswild die Geschlechts- reife unter sehr giinstigen Voraussetzungen noch friiher erreichen kann, zeigten Einzel- befunde aus dem Salzburger Land. Dort setzten nachweislich im J~ihrlingsalter beschlagene Geif~en mit 24 Monaten ihr erstes Kitz (KNAus/ScHR6DER 1960). Aus den franz6sischen Alpen sind solche Befunde durch KR~MER (1968) belegt. In Neuseeland wurden unter 60 eigens fiir derartige Untersuchungen erlegten Gamsgeif~j~ihrlingen 2 laktierende gefunden (KNAus/ScHR6DER 1960).

Es fiel auf, daf~ Geif~en im Schwarzwald nicht selten Zwillinge, ja sogar Drillinge setzten. 1956 wurden Zwillingsgeburten in der Mehrzahl beobachtet und Drillingsgebur- ten waren relativ h~iufig. Aber bereits 1962 berichtet LEONHARDT von riickl~iufiger Hiiufigkeit der Zwillingsgeburten. Man sch~itzte 1967 ihre H~iufigkeit noch auf 30 bis 40 %. Drillingsgeburten wurden sehr selten. Die Population hatte ihren H6chststand erreicht (s. Abb. 2).

Der Schwarzwald bietet dem Gamswild giinstige Lebensbedingungen, und so ist die natiirliche Mortalit~it gering. Der Steinadler fehlt als Standvogel, Schnee- und Steinlawinen sind ~iuf~erst selten. Die natiirliche Mortalit~it im Kitzalter ist daher auch sehr gering im Vergleich mit den ca. 50 % Ausf~illen in den Allen (ScHR6DER 1975).

Die Wilddichte im Kerngebiet der Gamswildpopulation lag 1956 bei 4-6 Stiick/100 ha und 1960 bei 8-11 Stiick/100 ha (LEoN~iARDT 1960). Das Rehwild hatte sich weitgehend aus diesem Gebiet zuriickgezogen.

1953/54 erging yon der Forstdirektion Freiburg an die Forstwissenschaftliche Fakult~it der Universit~it Freiburg (ZINNECKER/BRAuER) der Auftrag, das Nahrungsspektrum des Gamswildes zu analysieren. Diesen Untersuchungen zufolge war kein Wildschaden nach- zuweisen, da nur geringe Anteile einiger Laubholzarten (Betula spec., Prunus spec., Fraxinus excelsior) und einiger Nadelarten (Abies spec., Picea spe¢.) in den Pansen gefunden wurden. Das Gamswild hatte ein Nahrungsspektrum auf~erhalb des forstlichen Interessenbereichs. Im Vergleich dieser Untersuchung mit den folgenden Ereignissen zeigt sich deutlich die Verschiebung des Nahrungsspektrums mit der Dichte der Best~inde und durch andere Veriinderungen des Lebensraums.

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Tabelle 1. Nahrungsspektrum nach ZINNECKER/BR t̂JER 1954 ohne Nadel- und Laubh61zer

Alpendost - Origanum spec. div. Farne - Filicatae Sauerklee - Oxalis acetosella Fingerkraut - Potentiella spec. Gundelrebe - Glechoma hederacea Sternmiere - Stellaria spec.

Milzkraut - Chrysosphenium alternifolium Heidelbeere - Vaccinium myrtillus Brombeere - Rubus sexatilis, R. caesius Himbeere - Rubus idaeus div. Siiflgr~iser - Gramineae

W~ihrend die ca. 1000 Tiere in den Jahren 1953/54 keine Verbif~sch~iden verursachten, mul~te 15 Jahre sp~iter ein Reduktionsabschufl die Wildsch~iden mindern helfen. Die zu dem Zeitpunkt fast 2000 Tiere z~ihlende Population hatte ihre Nahrungsgewohnheiten total ge~indert.

Schon 1962 wurden die Wildsch~iden und die hohen Kosten fiir Wildschadenver- hiitungsmaflnahmen in den Forsten nicht mehr tragbar und gaben Veranlassung, ein ,,Gamsgebiet" (Abb. 1) zu schaffen. Es hatte zwar nicht den rechtlichen Status wie etwa das Rotwildgebiet, das in der Rotwildverordnung von 1958 ausgewiesen wurde, stellte aber einen vergleichbaren Versuch dar, das Gamswildvorkommen in Grenzen zu halten. Weitere Umsfiinde machten diesen Schritt notwendig.

Unruhe Gemsen sind tagaktive Tiere, die dutch den steigenden Tourismus auch im Winter in den Forst abgedr~ingt wurden. W~ihrend in den 50er Jahren die Gamsrudel am Tage auf den Weiden standen und ~isten, muflten sie jetzt mit der _~sung innerhalb der Forsten vorlieb- nehmen, bzw. sich auf Nacht~isung umstellen. Dieses Verhalten lief~ die Fraf~sch~iden an Forstpflanzen in die HShe schnetlen.

Bejagung Fiir die Schwarzw~ilder J~igerschaft brachte die Gamsbejagung nicht zu untersch~itzende Schwierigkeiten. Die fiir den angestrebten Wahlabschuf~ notwendige Geschlechts- und Altersbestimmung im Gel~inde bereitete fiir die zu jener Zeit noch ungeiibte Jiigerschaft die gr6f~ten Probleme. Erst im letzten Jahrzehnt konnte der Ausbildungsstand dank dem pers~Snlichen Einsatz einiger Hegeringleiter fiir diese Aufgabe zumindest im Hauptverbrei- tungsgebiet ausreichend gesteigert werden.

A'sungsrnSglichkeiten Die elektrische Einz~iunung der Weiden, der starke Ausbau des forstlichen Wegenetzes, der Wanderwegbau, die wintersportlichen Einrichtungen und der Riickgang der Frei- fl~ichen zugunsten des Forstes iiberhaupt ergaben betr~ichtliche Probleme. Mitre der 60er Jahre schlossen sich die Best~inde auf den wiederaufgeforsteten Fliichen der Reparations- hiebe und standen somit als ~sungsfl~ichen nicht mehr zur Verf~igung.

Die Einrichtung des Gamsgebietes kann als ein sinnvoller Schritt in der Bewlrtschaftung der Gamspopulation angesehen werden. Durch eine gezielte Jagd wurde das ungiinstige Geschlechterverh~iltnis, 1956 - 1:1,5 auf 1975 - 1:1,2 angeglichen und die jagdlichen Eingriffe liegen bevorzugt in den jiingeren Klassen, so da~ auch der Altersaufbau der Population wesentlich verbessert wurde. Seit 1975 werden alte B6cke gehegt.

Das Rehwild ist durch die neuen Konkurrenzverh~ilmisse reduziert worden, jedoch auch im Gamswildkerngebiet nicht vollstiindig verdr~ingt. Der Erlaf~ von 1958 hat das Rotwild als in der .Ksungskonkurrenz starke Art auf das Gebiet ,,Siidllcher Schwarzwald" beschriinkt.

Trotz dieser Bemiihungen konnten die Wildsch~iden nicht wesentlich gesenkt werden, und eine drastische Verringerung der Gamswildpopulation wurde notwendig.

Die Reduktionsabsch~isse Mitte der 60er Jahre gestalteten sich schwierig und mulqten

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weitgehend gegen den Willen der J~igerschaft durchgeffihrt werden, die einem hohen Wildbestand nicht abgeneigt war. Die Abschuftpl~ine wurden selten erffillt. Es waren verst~indlicherweise eigentlich nur die Forstleute an einer merklichen Reduzierung inter- essiert, und sie ffihrten diese in ihren Regiejagden auch durch. In der Folge sank der Gesamtbestand bis 1970 auf ca. 1600 Stfick Gamswild ab.

1.2.3 Zeitabschnitt 1965 bis 1980

Seither steigen die Gamsbest:,inde wieder sfiindig an, und die Wildbretgewichte fallen. Im Kerngebiet des Schwarzwaldes werden nach den Abschuflisten der letzten 10 Jahre manchmal B6cke mit nur 15 kg Gewicht (aufgebrochen) erlegt. Der Vergleich der Wild- bretgewichte zeigt die geringen Werte beim Schwarzwaldbestand.

Tabelle 2. Vergleich der Durchschnittsgewichte verschiedener Gamspopulationen mit dem Schwarz- waldbestand, Jagdzeit 1976-78, aufgebrochen, fiir den Schwarzwald nur Tiere ~ilter als 5 Jahre

B6cke Geif~en

Hochschwab 27,1 kg + 3,2 22,8 kg + 2,3 Jura 28,6 kg + - 19,4 kg +_-- - Graubiinden 28,4 kg + 2,9 21,6 kg + 2,1 Vogesen 29,2 kg + 3,1 24,5 kg + 2,2 Schwarzwald a) Kerngebiet 24,2 kg + 2,9 18,3 kg + 2,1 b) Randgebiet 26,8 kg + 3,1 20,1 kg + 2,2

+ ~- Standardabweichung

EISFELD (1978) gibt an, daft die Gamsbest~inde im Kerngebiet des Schwarzwaldes wohl nicht mehr durch Jagd, sondern durch das Nahrungsangebot begrenzt werden. Daft iiberhaupt derartig hohe Wilddichten sich fiber l~ingere Zeit halten k6nnen, liegt sicher an dem Umstand, daft die eingesetzten Tiere frei von Gamsr~iude (Sarcoptes rupicaprae) und der Gamsblindheit (Viren und Rickettsien) waren und sind. Diese beiden Wildseuchen wiirden vermutlich, sollten sic den Schwarzwald einmal erreichen (eventuell durch Zuwan- derung infizierter Tiere aus dem Alpenraum), katastrophale Auswirkungen auf die Gams- best~inde haben. Andere bestandesbegrenzende Parasitosen, besonders im Magen-Darmbe- reich, sind bei der Wiedereinbiirgerung in ihrer Artenfiille (GE~AU~R, 1931, weist 48 Arten fiir die Ostalpen nach) nicht in den Schwarzwaldbestand tibernommen worden. (BAMBERG, 1979, unver6ffentlicht). Da das Gamswild ~iufterst empfindlich auf parasit~ire und infek- ti6se Krankheiten reagiert, sollte gerade ffir diese Wildart eine Wilddichte, die eine gute Kondition der Tiere sicherstellt, angestrebt werden (siehe Tabelle der Durchschnittsge- wichte verschiedener Gamspopulationen).

2 E i n b i i r g e r u n g Vogesen

Die Einbiirgerung erfolgte auch hier ohne wissenschaftliche Voruntersuchungen, obwohl aus geobotanischer Sicht ffir das Gamswild weitreichende Unterschiede zum Schwarzwald bestehen, die dann auch sp~iter in Nahrungsanaiysen deutlich sichtbar ihren Niederschlag fanden (BAMnERG, 1979, unver6ffentlicht).

Aus dem sich entwickelnden Schwarzwald-Gamsbestand wurde Anfang 1956 ein Einbiirgerungsversuch in den Vogesen (Elsafl/Frankreich) mit Tieren aus dem Zastlertal/ Schwarzwald und den Savoyeschen Alpen unternommen.

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Wiedereinbiirgerung des GamswiMes im SchwarzwaM und Einbiirgerung in den Vogesen 29

iN)

1400

1000

Abb. 3. Gamswild-Populations- entwicklung in den Vogesen

(nach QUIQUEREZ) 200

1955 (T) Au~etzung in den Vogesen: 7. 1. 1956 11 Geigen

aus dem Schwarzwald 1958/59 2 B6cke

aus Savoyen 12.8.1970 3 B6cke

~ i g d s sam#p°l~sl°ti°n

trecke

1975 1980

am Markstein

am Grand Ballon

aus dem Reservat Bauges siid6stlich Annecy am Rainkopf

Das Aussetzungsgebiet im Sankt Ameriner Tal bei Ranspach wurde yon einem 3000 ha grogen Jagdschutzgebiet (Hoheneck 1562 m ii. NN) umgeben und bildete das ,,R6serve National de Chasse du Markstein". Die Population entwickelte sich gut. Eine Z~ihlung ergab 1973 ca. 400 Stiick Gamswild, entsprechend einem Gesamtzuwachs yon ca. 23 % pro Jahr, iihnlich wie im Schwarzwald im entsprechenden Entwicklungsstadium (s. Abb. 2 und 3). Riickwanderungen in den Schwarzwald wurden nicht beobachtet. Die Abundanz stieg im Kerngebiet bis auf max. 30 St/Jck/100 ha (QuIQUEREE 1976) an.

1975 wurde mit der Jagd begonnen, da die Wildsch/iden bei diesen Wilddichten wirtschaftlich untragbar geworden waren. 1978/79 wurde das Schutzgebiet aufge16st, in Jagdbezirke eingeteilt und verpachtet. Die Verbreitung zeigt die Abb. 4.

Abb. 4. Vogesengams-Verbreitungskarte

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Zusammenfassung

Vom Vorkommen einzelner Gemsen im Schwarzwald vor der Wiedereinbiirgerung 1935/39 wird berichtet. Die Herkunft, das Geschlechterverh~iltnis und das Alter des verwendeten Tiermaterials sowie das Aussetzungsgebiet werden vorgestellt. Die folgende Populationsentwicklung und ihre

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Beeinflussung wird in drei Phasen beschrieben, die dutch die Wiedererlangung der Jagdhoheit 1949, die Reduktionsabsch/.isse yon 1965 und die Entwicklung der Population in den letzten 15 Jahren gekennzeichnet sind. Die Kondition des Gamswildes zeigt ein Vergleich mit Durchschnittsgewichten aus der Schweiz und den Vogesen.

Die bei der Einbiirgerung in den Vogesen verwendeten Tiere werden nach Herkunft und Geschlechterverh/ilmis vorgestellt und vonder Populationsentwicklung bis zur Aufl6sung des Jagd- schutzgebietes um den Markstein (ca. 1270 mii . NN) 1978/79 aufgezeigt.

S u m m a r y

The reintroduction of Chamois (Rupicapra rupicapra) in the Black Forest and their introduction in the Vosges

The presence of individual chamois in the Black Forest prior to their reintroduction in 1935/39 is reported. The place of origin, sex-ratio and the age of the animals used for reintroduction, as well as the release area, are described. The subsequent population development and the factors which have influenced it are described in three phases which are characterized as follows: Restoration of the Sovereign Hunting Law in 1949, the deliberate reduction of the game by shooting in 1965, and the development of the population in the last 15 years. A comparison with the average weights of animals from Switzerland and from the Vosges (France) shows the condition of the chamois.

The animals used for introduction in the Vosges are described according to their place of origin and sex-ratio, and the population development is followed until 1978/79 when the area around the ,,Markstein" (approx. 1270 m above sea-level) ceased to be a game preserve.

R6sum6

A propos de la rdintroduction du Chamois (Rupicapra rupicapra) dans la Fordt noire et de son introduction clans les Vosges

On fait 6tat de la pr6sence de quelques chamois en For~t noire avant leur r6introduction en 1935-39. L'origine, le rapport des sexes et l'~ge de la souche introduite ainsi que le terrltoire du l~cher sont renseign6s. Au cours du d6veloppement ult6rieur de la population s'observent trois phases correspon- dant ~t la restauration de l'autorit6 en mati~re de chasse en 1949, aux tits de r6duction de 1965 et au d6veloppement de la population au cours des quinze derni~res ann6es. La condition physique du Chamois est illustr~e par une comparaison avec les poids moyens de l'esp~ce en Suisse et dans les Vosges.

L'origine et le rapport des sexes des animaux utilis6s pour l'introduction de l'esp~ce dans les Vosges est renseign6e; il enest de m~me pour l'6volution de lapopulation jusqu'~ la lev6e du statut de r6serve de chasse autour du Markstein (environ 1270 m. d'altitude) en 1978-79.

Trad.: S. A. DE CROMBRUCGHE

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