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ABHANDLUNG Zusammenfassung: Ein wichtiger Ausgangspunkt der ostdeutschen Transformation wurde in der doppelten Hypothek aus delegitimierten „Herrschaftseliten“ einerseits und „unpolitischer“ Bevölkerung andererseits gesehen. Die ostdeutschen Eliten wurden nicht nur als delegitimiert, sondern auch als systematisch deformiert klassifiziert – so die Annahme von Transformations- forschung und Transformationspolitik. Ausgehend von dieser – bis heute für gültig gehaltenen – Problembeschreibung wird in dem Beitrag auf der lokalen Ebene der Fragestellung nachge- gangen, ob und auf welche Weise es im Verlauf der Transformation gelungen ist, anstelle der zentralistisch-hierarchisch strukturierten und politisch-ideologisch relativ homogenen Machtelite plurale, teilautonome Funktionseliten mit einer größeren Bandbreite politischer und weltanschau- licher Orientierungen zu etablieren. Herausgearbeitet wird, in welchem Maße sich 20 Jahre nach dem Systemumbruch ostdeutsche politisch-administrative lokale Eliten vor dem Hintergrund unterschiedlicher Sozialisation, unterschiedlicher Lebensverläufe und einer noch immer aktuell unterschiedlichen Ressourcenausstattung von westdeutschen lokalen Eliten unterscheiden. Be- sonderes Augenmerk wird dabei auf die Professionalisierungsmuster, das Selbstverständnis und die politischen Einstellungen der untersuchten Eliten gelegt. Schlüsselwörter: Transformation · Ostdeutschland · Eliten · Lokale Ebene · Politische Professionalisierung Berlin J Soziol (2013) 23:229–256 DOI 10.1007/s11609-013-0221-8 Einheit der Eliten? Die Transformation ostdeutschen Entscheidungspersonals zwischen Divergenzvermutungen und sich annähernden Professionalisierungsmustern Tobias Jaeck · Katrin Harm · Jens Aderhold © Springer Fachmedien Wiesbaden 2013 T. Jaeck () Zentrum für Sozialforschung Halle e. V., Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Großer Berlin 14, 06108 Halle (Saale), Deutschland E-Mail: [email protected] K. Harm Gallin 30, 06895 Zahna-Elster, Deutschland E-Mail: [email protected] J. Aderhold Institut für Sozialinnovation (ISInova e. V.), Prenzlauer Allee 36, 10405 Berlin, Deutschland E-Mail: [email protected]

Einheit der Eliten? Die Transformation ostdeutschen Entscheidungspersonals zwischen Divergenzvermutungen und sich annähernden Professionalisierungsmustern; A unity of elites? The

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AbhAndlung

Zusammenfassung: Ein wichtiger Ausgangspunkt der ostdeutschen Transformation wurde in der doppelten hypothek aus delegitimierten „herrschaftseliten“ einerseits und „unpolitischer“ bevölkerung andererseits gesehen. die ostdeutschen Eliten wurden nicht nur als delegitimiert, sondern auch als systematisch deformiert klassifiziert – so die Annahme von Transformations-forschung und Transformationspolitik. Ausgehend von dieser – bis heute für gültig gehaltenen – Problembeschreibung wird in dem Beitrag auf der lokalen Ebene der Fragestellung nachge-gangen, ob und auf welche Weise es im Verlauf der Transformation gelungen ist, anstelle der zentralistisch-hierarchisch strukturierten und politisch-ideologisch relativ homogenen Machtelite plurale, teilautonome Funktionseliten mit einer größeren Bandbreite politischer und weltanschau-licher Orientierungen zu etablieren. Herausgearbeitet wird, in welchem Maße sich 20 Jahre nach dem Systemumbruch ostdeutsche politisch-administrative lokale Eliten vor dem Hintergrund unterschiedlicher Sozialisation, unterschiedlicher Lebensverläufe und einer noch immer aktuell unterschiedlichen Ressourcenausstattung von westdeutschen lokalen Eliten unterscheiden. be-sonderes Augenmerk wird dabei auf die Professionalisierungsmuster, das Selbstverständnis und die politischen Einstellungen der untersuchten Eliten gelegt.

Schlüsselwörter: Transformation · Ostdeutschland · Eliten · Lokale Ebene · Politische Professionalisierung

Berlin J Soziol (2013) 23:229–256DOI 10.1007/s11609-013-0221-8

Einheit der Eliten? Die Transformation ostdeutschen Entscheidungspersonals zwischen Divergenzvermutungen und sich annähernden Professionalisierungsmustern

Tobias Jaeck · Katrin Harm · Jens Aderhold

© Springer Fachmedien Wiesbaden 2013

T. Jaeck ()Zentrum für Sozialforschung Halle e. V., Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Großer Berlin 14, 06108 Halle (Saale), DeutschlandE-Mail: [email protected]

K. harmGallin 30, 06895 Zahna-Elster, DeutschlandE-Mail: [email protected]

J. AderholdInstitut für Sozialinnovation (ISInova e. V.), Prenzlauer Allee 36,10405 Berlin, DeutschlandE-Mail: [email protected]

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A unity of elites? The transformation of East German decision-making bodies between assumptions of divergence and converging models of professionalization

Abstract: An important point of departure for the East German transformation was observed in the double burden of the delegitimised “ruling elite” on the one hand and the “apolitical” popula-tion on the other. The East German elite was not only delegitimized, but also classified as system-atically deformed, according to the views of transformation research and transformation politics. Starting from this description of the problem—which is still today treated as valid—the article will look closely at the local level and tackle the questions of whether and to what extent the establishment of a plural, partially autonomous functional elite with a wider spectrum of political and cultural orientation in place of the centralist-hierarchically structured and (in a political-ideological sense) relatively homogenous power elite has been successful during the process of transformation. It will be established to what extent the East German politically administrative local elite—against the background of different socialisation, different courses of life and a still-present difference in provision of resources—differs from the West German local elite, 20 years after the system changeover. A particular focus will be given to models of professionalization, self-perception and the political attitudes of the elite under examination.

Keywords: Transformation · East Germany · Elites · Local level · Political professionalization

Des élites homogènes? La transformation du personnel dirigeant est-allemand entre divergences présumées et convergence des modèles de professionnalisation

Résumé: la transition démocratique en Allemagne de l’Est a été considérée comme grèvée dès le départ par une double hypothèque avec, d’une part, des « élites dirigeantes » délégitimées et, d’autre part, une population « apolitique ». Les élites est-allemandes ont été non seulement dé-légitimées mais aussi, comme le supposent les recherches sur la transition démocratique et la politique de la transition démocratique, cataloguées comme systématiquement déformées. Partant de cette description du problème aujourd’hui encore considérée comme valide, cet article étudie au niveau local la question de savoir si et de quelle manière la transition démocratique est par-venue à établir des élites spécialisées plurielles et partiellement autonomes présentant une plus grande variété d’orientations politiques et idéologiques en lieu et place de l’ancienne élite au pou-voir organisée de manière hierarchique-centralisatrice et relativement homogène politiquement et idélogiquement. Il est montré dans quelle mesure les élites politico-administratives locales est-allemandes diffèrent des élites locales ouest-allemandes 20 ans après le changement de régime eu égard à leurs différences en termes de socialisation, de trajectoires biographiques et, aujourd’hui encore, de dotation en ressources. Ce faisant, une attention particulière est portée aux modèles de professionnalisation, à la conception de soi et aux attitudes politiques des élites étudiées.

Mots-clés: Transition démocratique · Allemagne de l’Est · Élites · niveau local · Professionalisation de la politique

1 Eliten im ostdeutschen Transformationsprozess

Eliten spielen bei der Konsolidierung und Funktionsfähigkeit von Demokratien eine zen-trale Rolle. Gerade in Zeiten gesellschaftlicher Umbrüche übernehmen Führungskräfte,

231Einheit der Eliten?

einflussreiche Akteure und Entscheidungsträger wichtige Steuerungs-, Orientierungs-, Vermittlungs- und Legitimationsaufgaben (Aderhold 2010; best 2003; best und Edinger 2003; higley und lengyel 2000; hoffmann-lange 2002). Vor allem in Ostdeutschland, wo das Parteiensystem eine geringe Integrationskraft besitzt, eine demokratische Staats-bürgerkultur auf-, ausgebaut und stabilisiert werden musste (Edinger und Hallermann 2008) sowie diffuse Identitäten problematisch bleiben, kann die Bedeutung politisch-ad-ministrativer Eliten kaum überschätzt werden (Derlien 1997; Hornbostel 2000, S. 134; Offe 1993).

Nach dem Systemwechsel 1989/90 ging es im Vereinigungsprozess der beiden deut-schen Staaten um die Frage, wie die als bewährt deklarierten Institutionen der Bundesre-publik in eine darauf nicht vorbereitete und kulturell gegenläufig ausgerichtete politische Struktur übertragen und implementiert werden können. Die ostdeutsche Transformation wurde frühzeitig politisch wie öffentlich als Modernisierung legitimiert und politisch-rechtlich mit dem Mechanismus des Institutionentransfers verbunden (Sahner 1995, S. 10). Im Zuge der staatlichen Vereinigungspolitik wurden zwei miteinander zusammen-hängende Herausforderungen formuliert: Vorrangiges Ziel war die Implementierung der Vor-Wende-Institutionen der Bundesrepublik, wobei davon ausgegangen wurde, dass der Institutionentransfer nur dann gelingt, wenn die umbruchbedingten Unsicherheiten bewältigt und die neuen demokratischen Regeln, Prozeduren und Akteure unterstützt und akzeptiert werden (Derlien 1997; lepsius 1995a). Bei der Übertragung der west-deutschen Institutionen- und Organisationsmuster auf die neuen Bundesländer ging es dementsprechend darum, einerseits ausdifferenzierte, spezialisierte Institutionen und Ver-handlungsebenen sowie eine plurale Elitenstruktur zu etablieren und andererseits eine demokratisch ausgerichtete politische Kultur zu begründen (Geißler 1991). Vor diesem Hintergrund war es nicht verwunderlich, dass in pauschaler Weise ostdeutsche Besonder-heiten als defizitär bzw. als Hypothek hervorgehoben und begrifflich als problematische, sozialisationsbedingte Langzeitprägung dechiffriert wurden (vgl. Abschn. 2).1

Ausgehend von diesen Zielsetzungen orientierten sich die relevanten Entscheider nach dem Zusammenbruch des Realsozialismus an modernisierungstheoretisch deut-baren Konzepten und Strategien. Erst viel später sollte sich zeigen, wie sehr Entschei-dungsprämissen einer „exogenen Top-down-Institutionalisierung“ (Kollmorgen 2005, S. 65) den weiteren Verlauf (nicht nur) in Ostdeutschland prägten. Diese sollten für den Fortgang des Geschehens ebenso bedeutsam werden wie die als Hypothek bewerteten Ausgangsbedingungen.

Bezogen auf die nach 1989 eingeleitete Neukonstituierung ostdeutscher Eliten (Abschn. 3) stellen wir die Frage nach den transformationsbedingten Divergenzen und Konvergenzen in den Lebensverläufen und Einstellungsmustern von ost- und westdeut-

1 Ausgehend von einer diametral gelagerten Erfahrungsbasis von Ost- und Westdeutschen notierte M. Rainer Lepsius (1995b, S. 28): „Die Tiefenproblematik von Diktaturen liegt in der kognitiven Prägung von Kategorien zur Wirklichkeitserfassung und in Kriterien der Urteils-bildung, ohne daß dies dem einzelnen immer deutlich wird. Ideologie und Alltagserfahrung der DDR haben Ordnungsvorstellungen und Urteilskriterien ausgebildet, denen die Menschen unterlagen, auch jene, die zu dem DDR-System keine emotiven oder normativen Beziehungen entwickelt hatten.“

232 T. Jaeck et al.

schen lokalen politisch-administrativen Eliten. Diese wird auf Basis einer auf drei Wellen angelegten Elitenbefragung2 empirisch analysiert und reflektiert. Verbunden wird dieses Untersuchungsinteresse mit der Frage nach Prozessen politischer Professionalisierung (Abschn. 4). Um eine signifikante Basis zur Untersuchung der Parlamentarisierung und Verberuflichung des kommunalen Mandats zu haben, wurde eine in zwei Wellen konzi-pierte Ratsmitgliederbefragung3 durchgeführt, auf deren Ergebnisse ebenfalls eingegan-gen wird.

Ein wichtiger Ausgangspunkt der ostdeutschen Transformation wurde in der doppelten hypothek aus delegitimierten „herrschaftseliten“ einerseits und „unpolitischer“ bevöl-kerung andererseits gesehen (Meuschel 1992, S. 15 ff.). Dieser Problematik wird bezüg-lich der lokalen Ebene in der folgenden Analyse mit der Fragestellung nachgegangen, auf welcher Weise es im Verlauf der Transformation gelungen ist, anstelle der zentralis-tisch-hierarchisch strukturierten und politisch-ideologisch relativ homogenen Machtelite plurale, teilautonome Funktionseliten mit einer größeren Bandbreite politischer und welt-anschaulicher Orientierungen zu etablieren. Es geht folglich um das Problem, inwieweit sich die in den transferierten Institutionen eingelassenen Wertbezüge in den Einstellun-gen und Orientierungen der Eliten niederschlagen – und so (überhaupt erst) handlungs-relevant bzw. -leitend werden können (Lepsius 1995a, S. 394). Anzunehmen ist, dass vom Verlauf der Elitetransformation nicht nur der Transfer der politischen Institutionen und die Kongruenz bzw. Inkongruenz der politischen Kultur (Gabriel 2007), sondern auch der Erfolg sowie die Qualität des ostdeutschen Transformationsprozesses insgesamt beein-flusst werden.

Für die Analyse der lokalen Eliten stellt sich die Frage, in welchem Maße sich ostdeut-sche lokale Eliten vor dem Hintergrund unterschiedlicher Sozialisation, unterschiedlicher Lebensverläufe und einer aktuell unterschiedlichen Ressourcenausstattung von westdeut-schen lokalen Eliten unterscheiden. Hierbei ist empirisch zu prüfen, inwiefern im Zuge der näher zu beleuchtenden Prozesse politischer Professionalisierung Divergenzen und Konvergenzen zwischen den lokalen Ost- und West-Eliten zu beobachten sind. Gegen-stand der nachfolgenden Analyse sind insbesondere Professionalisierungsmodi lokaler Eliten, wobei wir davon ausgehen, dass die ostdeutschen Kommunen Anschluss über die kreative und rasant vollzogene Implementation westlicher Professionalisierungsprozesse gefunden haben. Ausgehend von dieser Annahme wird untersucht, wie sich in den von uns betrachteten ostdeutschen Kommunen lokale politisch-administrative Eliten heraus-gebildet haben und welche charakteristischen Merkmale diese auszeichnen. Abschlie-

2 Innerhalb einer auf drei Wellen (2003, 2006, 2010) angelegten Elitenbefragung wurden Perso-nen untersucht, die seit 1990 eine bestimmte Zeitspanne eine lokale politische (Fraktionsvorsit-zende und Ratsvorsitzende) bzw. administrative Eliteposition (Dezernenten bzw. Beigeordnete, (Ober-)Bürgermeister) besetzt haben bzw. zum Zeitpunkt der jeweiligen Welle besetzten, also ehemalige und aktuelle Eliten darstellen ( N = 136, 147, 144).

3 Deren Grundgesamtheit bildeten alle Rats- und Kreistagsmitglieder in den Untersuchungsge-bieten (vgl. Fußnote 11). Die Studie wurde postalisch auf der Basis standardisierter Fragebögen durchgeführt (Pähle 2011; harm et al. 2012). Da die Daten der zweiten Ratsmitgliederbefra-gung noch nicht vollständig ausgewertet sind, wird im Text nur auf die Ergebnisse der ersten Ratsmitgliederbefragung eingegangen. Für die erste Befragung aus dem Jahr 2006 konnten 162 Fragebögen ausgewertet werden (Rücklaufquote 48 %).

233Einheit der Eliten?

ßend gehen wir der Frage nach, inwieweit sich Verwaltungs- und Politikeliten in ihren Einstellungsmustern unterscheiden (Abschn. 5).

2 Doppelte Hypothek Ostdeutschlands – Delegitimierte „Herrschaftseliten“ und „unpolitische“ Bevölkerung

Nach dem Zusammenbruch 1989 ging es im endogen gesteuerten Veränderungspro-zess zunächst um nichts anderes als um die „Übernahme, Errichtung, Inkorporation von modernen demokratischen, marktwirtschaftlichen, rechtsstaatlichen Institutionen“ (Zapf 1994, S. 138). Der Erfolg dieser einzigartigen Transformationsstrategie hing fundamental davon ab, inwiefern es gelingt, die moderne Institutionenstruktur nicht nur formal zu implementieren, sondern auf breiter Ebene zu verwurzeln, sodass sie von den ostdeut-schen Eliten und von der ostdeutschen Bevölkerung akzeptiert wird (Edinger und Haller-mann 2008, S. 55).

Um diesen für die Analyse der Elitetransformation wichtigen Ausgangspunkt fixie-ren zu können, erinnern wir zunächst an die Strukturen und Habitusformen ostdeutscher Eliten vor 1989. Dabei geht es neben der Markierung des Ausgangszustandes auch um hiermit verbundene Problemstellungen, insbesondere im Hinblick auf divergente Elite-typen und eine inkongruente politische Kultur in Ost- und Westdeutschland (Lepsius 1995b). Bedeutsam war nicht nur die Spezifik ostdeutscher Biografien, Habitusformen und Beziehungsmodi, sondern auch die Frage, wie unter den neuen Bedingungen das Zusammenspiel von strukturellen Vorgaben und individuellen Verarbeitungs- und Orien-tierungsmodi gelingt.

Zunächst möchten wir in aller Kürze den gesellschaftlichen Ausgangspunkt der ost-deutschen Transformation darlegen und ansatzweise auf das Zusammenspiel zwischen gesellschaftlichen Makrostrukturen und spezifischen Elitekonfigurationen verweisen. Über den Charakter der sozialistischen Gesellschaftsordnung ist viel gesagt und geschrie-ben worden (Arnason 1996; Pirker et al. 1995; Glaeßner 1994). Ohne darauf gesondert eingehen zu wollen, bleibt festzuhalten, dass die sozialistische Gesellschaft sich selbst als eine zentralistisch gesteuerte Organisationsgesellschaft konzipierte, in der über den spezi-fischen Eigenkompetenzen in einzelnen Bereichen die „Kompetenzkompetenz“ (Lepsius 1994, S. 19 f.) der führenden Partei stand. Die die westliche Moderne prägenden gesell-schaftlichen Teilsysteme der Politik, der Wirtschaft, der Erziehung oder der Wissenschaft wurden in eine „hierarchisch gestufte Großorganisation“ (ebd., S. 25) integriert und rigide in ihren Kompetenzen beschnitten. Resultate dieser gesellschaftlichen Strukturen waren eine monopolistische Machtbündelung, das Fehlen bedeutsamer Wettbewerbsarenen und die politisch bedingte Teilnivellierung der ostdeutschen Sozialstruktur. Negiert wur-den zugleich zivilisatorische Errungenschaften und Regulative moderner pluralistischer Demokratien wie dreifache Gewaltenteilung, politische Grundrechte, kommunale Selbst-verwaltung und kritische Öffentlichkeit (Adler 1991, S. 157).

Diese nur holzschnittartig skizzierten Strukturdefekte hatten akteursbezogene Fol-gewirkungen, die Wolfgang Engler (1992) äußerst treffend herausgearbeitet hat. Ent-sprechende Effekte ließen sich vor allem an der Konfiguration und Ausrichtung der sozialistischen Führungskader ablesen. In der Machtelite etablierte sich eine im illegalen

234 T. Jaeck et al.

Kampf habitualisierte Grundhaltung, die darin bestand, „Treue über Zweifel und Kritik, Opferbereitschaft über Individualismus, Wir-Orientierungen über Ich-Orientierungen“ (ebd., S. 69 f.) zu stellen. Es wurden vordergründig Verhaltenseigenschaften ausgeprägt und strukturell prämiert, die routinierte Wachsamkeit sowie ein Gespür für Machtver-schiebungen und bedrohliche Gruppen- und Koalitionsbildungen dauerhaft kultivierten.

Monopolistische Machtbündelung, politisch induzierte Entdifferenzierung und zivili-satorische Defizite brachten einen vormodernen Elitetypus hervor, der Homogenität vor Heterogenität, Disziplin vor Abweichung und Folgebereitschaft vor fachlicher und sach-licher Expertise setzte. Den realsozialistischen Macht-, aber auch Funktionseliten ging es somit primär um eine bedingungslose Verfolgung final konzipierter Ordnungs- und Herr-schaftskonzepte anstelle der Vermittlung sachlich fundierten Funktionswissens, welches den Anforderungen gesellschaftlicher Teilsysteme der Gesellschaft entspricht (Aderhold 2007, 2010).4

3 Transformation zwischen Elitetransfer, lokaler Elitenneubildung und der Implementation politischer Professionalisierungsprozesse

Nach dem Ende der DDR standen zwei mögliche Umgangsformen mit den „alten Eli-ten“ im Raum: Man konnte entweder die strukturellen Defizite der sozialistischen Gesell-schaftsordnung als system- und nicht akteursbedingt oder andersherum die Eliten als Hauptverantwortliche für die dysfunktionalen, delegitimierenden und innovationsaver-sen Strukturen konzeptualisieren.

Während die ostdeutsche Bevölkerung in ihren Bewertungen eher systemische als akteursorientierte defekte ausmachte, folgte die Transformation der ddR im Sinne der zweiten Interpretation der exogenen Logik eines tiefgreifenden Elitenaustausches (Woll-mann 2001; derlien 2001; Geißler 2008; Kollmorgen 2005). Das mit dem Ausscheiden der „Alteliten“ entstandene Elitenvakuum wurde zunächst durch einen breit angelegten Elitentransfer von West nach Ost gefüllt, der durch eine sektoral variierende Rekrutie-rung ostdeutscher Eliten begleitet wurde. Der radikale, zum Teil vollständige Austausch der Führungsschichten führte zu einer partiellen „westdeutschen Überschichtung Ost-deutschlands“ (Geißler 2008, S. 135), von der die lokale Ebene jedoch kaum betroffen war.

Dass die ostdeutsche Transformation den Charakter eines Sonderfalls trägt, liegt wesentlich an dem speziellen Zusammenspiel von zerfallenden zentralen Institutionen der ddR, einem weitreichenden Elitenimport sowie einer hieraus resultierenden „Schrump-fung des Feldes von Elitepositionen auf nationaler Ebene“ (Derlien 2001, S. 72). Der

4 Die Folgen der Machtmonopolisierung und des bürokratischen Paternalismus waren nicht nur an der deformation gesellschaftlicher Eliten, sondern auch an den institutionalisierten Orientie-rungs- und Handlungsmustern der Bevölkerung abzulesen. Angesprochen sind hier insbeson-dere das Zusammenspiel von politischer Privatisierung des Staates auf der gesellschaftlichen Makroebene und persönlicher Privatisierung (Srubar 1991) auf der Mesoebene sowie deren Begleiterscheinungen im Sinne von Unkalkulierbarkeit und organisierter Verantwortungslosig-keit.

235Einheit der Eliten?

mit der Elitenzirkulation erzeugte „doppelte Rangeffekt“ (Derlien 1997, S. 548), wonach auf eher niedrigen gesellschaftlichen und staatlichen Ebenen häufiger ostdeutsches Füh-rungspersonal anzutreffen ist, sensibilisiert für eine ebenenspezifische Analyse, in der die lokale Ebene zu einem besonders relevanten Ort der ostdeutschen Transformation von Elite und Bevölkerung wird. Während auf Bundes- und Landesebene westdeutsche Eliten dominieren oder ein Nebeneinander von West- und Ostpersonal vorherrscht, ist auf der lokalen Ebene fast ausschließlich ostdeutsches Personal anzutreffen (Maier und Schmitt 2008, S. 59 ff.).5 der Institutionentransfer sowie der umgang mit weiteren her-ausforderungen6 erfolgen daher deutlich eigenständiger und werden durch die vor Ort sozialisierten Eliten maßgeblich mitbestimmt. Die Beharrungsmotivationen des verblie-benen Führungspersonals könnten die eingeleiteten Veränderungsprozesse behindern oder untergraben und aufgrund der lebensweltlichen Nähe kommunalen Politikgesche-hens Legitimationsprobleme hervorrufen.

Mit der Übernahme der westdeutschen Institutionen wurden deren Spezifika, Leis-tungsfähigkeit sowie damit einhergehende Problemlagen übertragen. Dies implizierte eine Neujustierung des spezifischen Spannungsverhältnisses von Elite und Bevölkerung, was sich wiederum auf die Frage nach dem erforderlichen Ausmaß an Übereinstim-mung der Interessen und Zielvorstellungen auswirkte (Hoffmann-Lange 1991, S. 275). Die variable Divergenz vertikaler Elitenintegration verweist auf ein politisch-kulturelles Grundproblem: Unterschiede zwischen Elite und Bevölkerung sind an sich nicht pro-blematisch, und auch Misstrauen im Sinne eines latenten Kontrollhabitus ist durchaus erwünscht. Wird dieses Misstrauen aber zu groß oder treten Legitimationsdefekte auf, wird es bedenklich (Aderhold 2007; Geißel 2006a; dahl 1992; Pähle 2007; Westle 1997). Dieses Spannungsverhältnis wird durch das transformationsbedingte Ausmaß an Unsi-cherheit verschärft. Verhält sich die Bevölkerung eher reserviert gegenüber den Eliten, nimmt der Druck auf diese weiter zu.

Die Eliten der lokalen Ebene sind maßgeblich an der Etablierung leistungsfähiger poli-tisch-administrativer Strukturen sowie der Verarbeitung transformationsbedingter Unsi-cherheiten beteiligt. Als Repräsentanten und „Träger von politischen Orientierungen“

5 Obwohl die Transformationsforschung eine Fülle an Studien zu Eliten und zur Elitenzirkulation in den neuen Bundesländern und Osteuropa hervorgebracht hat (Bürklin und Rebenstorf 1997; Welzel 1997), stand die lokale Elite selten im Mittelpunkt des Interesses. Wurde die kommunale Ebene untersucht, so ging es vor allem um Fragen des Institutionentransfers, der Verwaltung sowie der Bürgergesellschaft (Lorenz und Wegrich 1998; Wollmann 1996; Wollmann und Berg 1994). Für die direkte Nachwendezeit bis Mitte der 1990er Jahre liegen einige Arbeiten über lokale politische oder administrative Eliten vor, wobei territorial, positional und zeitlich eng begrenzte Fallstudien die Forschung dominieren (Berg et al. 1996; Cusack und Wessels 1996; Däumer 1997; Pollach et al. 2000).

6 Die im Weiteren vorzunehmende Fokussierung auf das „Experimentierfeld“ der lokalen Ebene sowie auf transformationsbedingte Prozesse von Elite(neu)bildung und -veränderung stellt noch aus einem weiteren Grund einen spezifischen „Glücksfall“ der Transformationsforschung dar: Nicht nur die neuen Bundesländer haben mit der Wiedereinführung des Selbstverwaltungs-rechts nach der Wiedervereinigung massive Veränderungen erfahren (Wollmann 2001, S. 45; 1996), sondern auch die Kommunen der alten Bundesländer erlebten davon ausgehend in den 1990er Jahren relevante Veränderungen und Neuerungen.

236 T. Jaeck et al.

(Maier und Schmitt 2008, S. 20) ergeben sich folgende Aufgaben: Erstens beeinflussen sie die Akzeptanz eines politischen Systems, zweitens sind sie als Inhaber institutionel-ler Positionen angehalten, ihre führenden Stellungen, Rollen und die ihnen übertragenen Aufgaben angemessen zu interpretieren und auszuüben (ebd.).

Neben den transformationsbedingten Herausforderungen stellt sich auf der lokalen Ebene in Ost und West gegenwärtig die Problematik der (politischen) Professionalisie-rung. Im deutschen Modell des „strong self government“ (Wollmann 1999) obliegen den lokalen politisch-administrativen Eliten eigenständige und wichtige Steuerungsaufgaben. Professionalisierung im Sinne institutionalisierter Rekrutierungsmuster, individueller Ver-beruflichung und der Aneignung parlamentarisch geprägter arbeitsteiliger Handlungsmus-ter ist für die Politik auch auf der lokalen Ebene kennzeichnend. Hiermit verbunden ist die Herausbildung eines spezifischen Selbstverständnisses, das mit Abschottungstendenzen gegenüber der Bevölkerung sowie einer Angleichung an professionelle Verhaltensnormen und gemeinsame Ehrenkodizes einhergehen kann (Herzog 1975). Professionalisierungs-prozesse sind dadurch in zweierlei Hinsicht bedeutsam. Erstens sind sie konstitutiv für die lokale Konsolidierung demokratischer Strukturen und Verfahren. Zweitens ist anzu-nehmen, dass die komplexen Prozesse politischer Professionalisierung untrennbar mit der je konkreten Ausbildung des spezifischen Spannungsverhältnisses von Elite und Bevölke-rung zusammenhängen (Aderhold et al. 2009; borchert 2003; Geißel 2006b).

Wir gehen im Folgenden insbesondere der Frage nach, in welchem Maße sich die ostdeutschen lokalen politisch-administrativen Eliten vor dem hintergrund unterschied-licher Sozialisation, unterschiedlicher Lebensverläufe und einer aktuell unterschiedli-chen Ressourcenausstattung 20 Jahre nach dem Systemumbruch noch von westdeutschen lokalen Eliten unterscheiden. Hierfür überprüfen wir, inwieweit Prozesse politischer Professionalisierung gleichgerichtet oder unterschiedlich verlaufen, wobei wir vermuten, dass innerhalb der ostdeutschen Kommunen Professionalisierungsprozesse westdeut-scher Prägung kreativ und zügig implementiert wurden. Ausgehend von dieser Annahme untersuchen wir, welche Formen von Elitebildung in den von uns ausgewählten ostdeut-schen Kommunen7 nachzuweisen sind und welche charakteristischen Merkmale diesen Vorgang auszeichnen.

4 Politische Professionalisierung und die Legitimation lokaler Entscheidungsträger und Entscheidungsprozesse

Die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit „politischer Professionalisierung“ hat eine lange Tradition, die spätestens mit Max Webers Typisierung des Berufspolitikers

7 In Sachsen-Anhalt wurden als Großstadt Halle, als Mittelstadt Dessau-Roßlau und als Land-kreis der Saalekreis untersucht. In Nordrhein-Westfalen waren es Köln (Großstadt), Jülich (Mit-telstadt) und der Oberbergische Kreis (Landkreis). Wenn wir im Folgenden bei der Darstellung unserer Ergebnisse aus formulierungstechnischen Gründen auf Unterschiede zwischen Nord-rhein-Westfalen und Sachsen-Anhalt bzw. westdeutschen und ostdeutschen Befragungsregio-nen verweisen, soll nicht der Eindruck entstehen, wir würden sämtliche Ergebnisse für die sechs Untersuchungsgebiete, die hier als Fallbeispiele dienen, als west- bzw. ostdeutsche Tendenzen generalisieren.

237Einheit der Eliten?

und seiner Unterscheidung zwischen einem Leben „für die Politik“ und einem „von der Politik“ einsetzt (Weber 2004).

Darauf bezugnehmend wurden seit Ende der 1960er Jahre verstärkt Prozesse der politischen Professionalisierung als Formen individueller Verberuflichung von Politik zunächst auf der Bundes- und Landesebene (Gau 1983; Herzog 1975, 1982; Simon 1988) und später auch auf der kommunalen Ebene diskutiert (Reiser 2006; Pähle 2011). Pro-fessionalisierung wird hierbei vor allem als Vorgang verstanden, der die kommunalen Mandatsträger zu qualifiziertem Entscheidungshandeln befähigt und gleichzeitig eine schleichende individuelle Verberuflichung des kommunalen Mandats bzw. eine Profes-sionalisierung der Ämter und Institutionen bewirkt.

Uns erscheint insbesondere die individuelle Ausformung politischer Professionalisie-rung bedeutsam, die auf die Struktur und Veränderung institutioneller Entscheidungspro-zesse und die sich daraus ergebenden Folgen für das Entscheidungshandeln kommunaler Eliten bezogen ist. Professionalisierung verstehen wir deshalb als einen „Vorgang der Aneignung mandatsbezogener Fähigkeiten und Fertigkeiten, die Ratsvertreter mit jenen Kompetenzen ausstatten, die diese zu sachgerechtem und prozessual angemessenem Ent-scheidungshandeln befähigen“ (Holtmann und Reiser 2007, S. 289). Untersucht haben wir die parteienstaatliche Sozialisation kommunaler Eliten (individuelle Professionali-sierung; Abschn. 4.1) und die sich abzeichnende Parlamentarisierung der Arbeitswei-sen (institutionelle Professionalisierung; Abschn. 4.2) kommunaler Entscheidungsträger. Darüber hinaus stellen wir unsere Befunde zur individuellen Verberuflichung des kommu-nalen Mandats dar (Abschn. 4.3).

Sofern sich Professionalisierungsprozesse lokaler Eliten nachweisbar abbilden, erhöht sich gemäß unserer Definition die Handlungs- und Strategiefähigkeit dieser Akteure in der Bearbeitung der vielfältig anstehenden Herausforderungen auf der lokalen Ebene (z. B. demografischer Wandel, kommunale Finanzprobleme, Umbau kommunaler Infra-strukturen). Dies müsste sich theoretisch positiv auf die Output-Legitimation (Scharpf 1999) lokaler Entscheidungsprozesse auswirken. Tatsächlich ist jedoch die allgemeine Akzeptanz von kommunalen Organen und deren Entscheidungshandeln eher rückläu-fig. Das kann damit zusammenhängen, dass Legitimationsprobleme, die auf der lokalen Ebene aufbrechen, auch dadurch entstehen, dass kommunale Politik und Verwaltung pau-schal für „Politikversagen“ bzw. „Staatsversagen“ mit in Haftung genommen werden. In Anbetracht der Komplexität lokaler Politiknetzwerke, der Verlagerung von Entschei-dungsbefugnissen auf das Institutionensystem der EU und der Einschränkung der Hand-lungsfähigkeit von Kommunen durch Eingriffe der Kommunalaufsicht (Holtmann 2011) sind die Zurechenbarkeit und Verantwortlichkeit lokaler Eliten nur noch selten eindeutig bestimmbar. Für die Bürger werden somit selbst im lokalen Kontext, wo gemeinhin die direktere Erfahrbarkeit politischer Entscheidungsprozesse als Qualitätsmerkmal hervor-gehoben wird, eine treffsichere Identifizierung und Bewertung einzelner Entscheidungs-träger schwieriger. Das trägt wiederum zu Politik(er)- und Parteienverdrossenheit auch auf der lokalen Ebene bei (Borchert 2003).

Als Sammelbegriff für die Adressaten von Politik(er)verdrossenheit ist in Deutsch-land die „politische Klasse“ ein publizistischer Selbstläufer geworden. Klaus von Beyme (1993) hat vorgeschlagen, den bei Gaetano Mosca noch unscharfen Begriff durch eine Trennung von „politischer Klasse“ und „politischer Elite“ als Analysekategorie zu schär-

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fen (Holtmann 2004, 2012). Diese Unterscheidung hebt darauf ab, dass über die politi-sche Elite hinaus eine Gruppe von nachrangigen Politikern und im Politikbereich tätigen Personen existiert, die sich aufgrund ihres gemeinsamen Wirkungskreises durch ähnliche Einstellungsmuster auszeichnet (vgl.u. a. Burmeister 1993).

Unbeschadet der Trennvorschläge begreifen wir die von uns untersuchte Akteurs-gruppe als lokale Elite. Dabei gehen auch wir davon aus, dass innerhalb der kommuna-len politisch-administrativen Eliten ein gemeinsames Selbstverständnis entstehen kann, was seitens der Bürger als Ausdruck der Abkopplung der Entscheidungsträger von der Bevölkerung empfunden wird und Legitimationseinbußen bewirken kann. Abschnitt 4.4 widmet sich daher der empirischen Analyse eines gemeinsamen Elitebewusstseins und Eliteempfindens der kommunalen Eliten.

Besonderes Augenmerk gilt bei allen von uns untersuchten Indikatoren der Frage, ob sich die empirisch nachweisbaren Professionalisierungsprozesse sowohl für die ostdeut-schen als auch für die westdeutschen Untersuchungsregionen nachweisen lassen. Ferner untersuchen wir, inwieweit erkennbare Unterschiede in der konkreten Ausprägung der Dimensionen möglicherweise auf transformationsbedingte Effekte zurückgeführt werden können.

4.1 Individuelle Professionalisierung kommunaler Eliten als Ergebnis parteienstaatlicher Sozialisation8

Politische Professionalisierung auf der kommunalen Ebene befähigt in unserer Lesart die kommunalen Eliten zu sachgerechtem und verfahrensförmig angemessenem Entschei-dungshandeln. Für die Aneignung der erforderlichen Fähigkeiten messen wir der par-teienstaatlichen Sozialisation kommunaler Eliten eine zentrale Bedeutung zu. Parteien stellen für lokale Eliten Sozialisationsarenen dar, die die Regeln des politischen Betriebs erfahrbar machen. Sie können überdies Entlastungspotenziale (beispielsweise geregelte Formen der Arbeitsteilung) anbieten und dadurch die professionelle Bewältigung der Herausforderungen auf der kommunalen Ebene befördern. Die Verringerung von Trans-aktionskosten bei der Aushandlung politischer Ergebnisse erhöht die Effektivität kommu-nalpolitischer Entscheidungsprozesse, was als Ausdruck politischer Professionalisierung auf der lokalen Ebene zu werten ist. Nicht zu vernachlässigen sind darüber hinaus Aspekte der individuellen Karrieresicherung kommunaler Eliten mittels Parteimitgliedschaft, die sich auf die öffentliche Selbstdarstellung und die lokale gesellschaftliche Einbettung und Vernetzung auswirken (Aderhold et al. 2009; Petermann 2008).

Inwieweit sind in den von uns untersuchten Gebieten Indizien für die Bedeutung einer Parteimitgliedschaft als Karrieresicherungsstrategie nachweisbar und welche Aussagen können bezüglich der Stärke der Parteibindung der kommunalen Eliten getroffen wer-den?9 Unter dem Begriff der „Parteibindung“ subsumieren wir, anders als die Wahlfor-

8 Die im Text präsentierten Ergebnisse sind – bis auf die gekennzeichneten Ausnahmen – alle mindestens auf einem niveau von p < 0,1 signifikant.

9 Da allen politischen Parteien und auch den Kommunalen Wählergemeinschaften der Profes-sionalisierung förderliche Effekte zugeschrieben werden, gehen wir nicht darauf ein, welchen Organisationen die kommunalen Eliten im Einzelnen angehören.

239Einheit der Eliten?

schung, über die Feststellung einer formellen Parteimitgliedschaft hinausgehend weitere Aspekte der Bindung an eine Partei, wie die Übernahme von Parteiämtern, das Auftreten als Parteimitglied und den Grad des Parteiengagements (Linder 1999).

Die Ergebnisse der Ratsmitgliederbefragung verweisen auf eine unterschiedliche Bedeutung von Parteien auf der lokalen Ebene in unseren Untersuchungsregionen in Nordrhein-Westfalen und Sachsen-Anhalt.10 So sind alle befragten Ratsmitglieder Nord-rhein-Westfalens auch Parteimitglieder bzw. Mitglied einer KWG. In Sachsen-Anhalt trifft dies hingegen nur für 90 % der Befragten zu. Auch ist die Dauer der Parteimitglied-schaft der kommunalen Mandatsträger in den ostdeutschen Befragungsgebieten, wo das demokratische Parteiensystem erst 1990 eingeführt wurde, naturgemäß deutlich kürzer, sodass dort Parteimitglieder in der Mehrzahl weniger als 15 Jahre ihrer Partei angehören und ein Viertel sogar erst in den letzten fünf Jahren Parteimitglied geworden ist. In Köln und dem Oberbergischen Kreis sind hingegen die meisten Ratsmitglieder bereits mehr als 21 Jahre Mitglied einer Partei.

Dass sich kommunale Positionsträger durch eine Parteimitgliedschaft höhere Erfolgs- und Karrierechancen ausrechnen, zeigen die Ergebnisse der Elitenbefragung. In beiden Befragungsregionen nimmt mit dem Eintritt in die Eliteposition die Wahrscheinlichkeit einer Parteimitgliedschaft zu (siehe Tab. 1). Aktuell (2010) sind die lokalen Positionsträ-ger über alle Untersuchungsgebiete hinweg mehrheitlich Parteimitglieder (76,9 %). Der weitaus höhere Anteil von Parteilosen von circa einem Drittel in Sachsen-Anhalt (2010: 31,7 %) ist seit 2003 relativ stabil geblieben, während er in den Untersuchungsgebieten in Nordrhein-Westfalen nochmals um fast fünf Prozentpunkte gesunken ist (von 18,1 % 2003 auf 13,8 % 2010).

Den höheren Anteil von Parteimitgliedern unter den lokalen Positionsträgern in Nord-rhein-Westfalen werten wir als Indiz stärkerer Parteibindungen in der westdeutschen Befragungsregion. Diese Einschätzung wird durch die Tatsache gestützt, dass die par-teigebundenen kommunalen Ratsmitglieder in den Befragungsgebieten Nordrhein-West-falens zu über einem Drittel angeben, „immer“ als Parteimitglied aufzutreten (35,4 %), dies jedoch nur ein Viertel der parteigebundenen sachsen-anhaltinischen Ratsmitglieder von sich behaupten (26,2 %). Bezüglich des Selbstverständnisses der lokalen politisch-administrativen Positionsträger ist zu ergänzen, dass in beiden Regionen der Anteil der parteigebundenen Positionsträger, die „immer“ als Parteimitglied auftreten, seit 2003 gewachsen ist und sich 2010 diesbezüglich keine bundeslandtypischen Unterschiede mehr zeigen (NRW 35,7 %, LSA 37,7 %).

10 In unserem Forschungsprojekt (Teilprojekt A4 im SFB 580) wurden sowohl kommunale Man-datsträger (Ratsmitgliederbefragung) als auch kommunale Eliten im Sinne spezifischer politi-scher und administrativer Positionsträger (Elitenbefragung) untersucht. Dadurch ist es möglich, in Bezug auf die verschiedenen Professionalisierungsdimensionen auf umfangreiche Daten zurückzugreifen. Da auf eine getrennte Darstellung beider Befragungen zugunsten einer theo-retisch geleiteten Betrachtung von Professionalisierungsprozessen verzichtet wurde, ergibt sich die Notwendigkeit, im Text die Ergebnisse beider Befragungen voneinander kenntlich zu tren-nen. Wir unterscheiden „Ratsmitglieder“ und „kommunale politische und administrative Posi-tionsträger“. Dessen ungeachtet möchten wir darauf hinweisen, dass sowohl die Ratsmitglieder als auch die ausgewählten Positionsträger der „kommunalen Elite“ zugeordnet werden können.

240 T. Jaeck et al.

Kommen wir nun zum Partei- und Verbandsengagement der lokalen Eliten. Unsere Annahme lautet, dass ein hohes Parteiengagement Ausdruck einer starken Parteibindung ist. Werden Unterschiede im Parteiengagement aktiver und ehemaliger Eliten erkennbar, könnte dies darauf hindeuten, dass die Eliten ihr Engagement für die Partei als Positions-sicherungsstrategie nutzen, um den Verbleib in der Eliteposition abzusichern. Mit dem Austritt aus der Eliteposition müsste sich folglich der zeitliche Umfang der Parteiarbeit verringern. Zusätzlich untersuchen wir das Verbandsengagement, dessen Umfang sowohl von strategischen Komponenten als auch persönlichen und situativen Faktoren geprägt ist. Wir vermuten, dass keine Verringerung des Engagements nach Ausscheiden aus der Eliteposition auftritt.

Die Hypothese, dass sich das Parteiengagement der ehemaligen und aktiven Positions-träger unterscheidet, hat sich bestätigt. In der Gesamtschau wenden die lokalen poli-tisch-administrativen Positionsträger etwa acht Stunden pro Woche für Parteiarbeit auf (8,03 h). Für die aktiven Eliten liegt dieser Wert mit 12,42 Stunden weitaus höher, für die ehemaligen Eliten mit 5,36 Stunden deutlich niedriger. Ähnlich unterschiedlich sind die parteibezogenen Zeitbudgets von politischen und administrativen Eliten. Das Parteienga-gement ersterer beträgt im Durchschnitt 11,65 Stunden, dasjenige letzterer, die überdies weitaus seltener Parteimitglied sind, lediglich knapp viereinhalb Stunden (4,27 h). Beim Verbandsengagement zeigt sich ein Gefälle im Vergleich zum Parteiengagement. Zum einen ist der Organisationsgrad der Befragten grundsätzlich geringer, zum anderen wird dieses Engagement auch unabhängig von der Verweildauer in der Eliteposition aufrecht-erhalten. Die befragten Positionsträger wenden etwa 4,41 Stunden die Woche für Ver-bandsarbeit auf, wobei der Wert bei den ausgeschiedenen Eliten (4,68 h) nur etwas höher ist als bei den aktiven Eliten (3,91 h). Dies spricht für die Annahme, dass das Parteienga-gement eher als das Verbandsengagement als Positionssicherungsstrategie genutzt wird.

Wie erwähnt gehen wir davon aus, dass ausgeprägte Parteibindungen lokaler Posi-tionsträger ein Indiz für Professionalisierungsprozesse auf der lokalen Ebene sind. In beiden Befragungsregionen besitzt Parteimitgliedschaft als Statusmerkmal lokaler Eli-ten eine große Bedeutung, wenngleich diese in Nordrhein-Westfalen stärker verankert ist (siehe Tab. 1). Aufgrund der kürzeren Bestandsdauer des demokratischen Parteiensys-

Tab. 1: Parteibindung und Verbandsengagement der lokalen politischen und administrativen Positionsträger in den Befragungsgebieten Nordrhein-Westfalens und Sachsen-Anhalts im Ver-gleich (eigene Berechnungen; Datenbasis Elitenbefragung A4-SFB 580 2003, 2010)

Nordrhein-Westfalen Sachsen-AnhaltAnteil Parteiloser unter lokalen Positionsträgern 2010 (%)

13,8 31,7

Durchschnittliche Anzahl von bereits bekleideten politischen Ämtern unter lokalen Positionsträgern 2003

2,7 2,1

Anteil parteigebundener lokaler Positionsträger, die immer als Parteimitglied auftreten (%)2003 21,3 30,82010 35,7 37,7 Durchschnittliche Stundenanzahl pro Woche für Parteiengagement 2010

8,76 7,27

Durchschnittliche Stundenanzahl pro Woche für Verbandsengagement 2010

3,85 4,86

241Einheit der Eliten?

tems in Ostdeutschland haben die dort befragten Eliten generell eine im Schnitt kürzere Ämterlaufbahn. Beides deutet auf einen höheren Professionalisierungsgrad in den nord-rhein-westfälischen Befragungsgebieten hin.

Im Grad ihrer Parteiidentifikation unterscheiden sich die parteigebundenen lokalen Positionsträger in Sachsen-Anhalt und Nordrhein-Westfalen aktuell nicht mehr: Jeweils ein gutes Drittel tritt immer als Parteimitglied auf. Konträr dazu meint jedoch die Mehr-heit der parteigebundenen Positionsträger Sachsen-Anhalts, dass in der lokalen Politik Parteipolitik keine Rolle spielen sollte (54,6 %), während dieser Aussage nur ein gutes Drittel der parteigebundenen Eliten Nordrhein-Westfalens zustimmt (39,6 %). Auch in der Befragung der Ratsmitglieder wird die unterschiedliche – und möglicherweise vor allem nach außen bekundete – Distanzierung von Parteipolitik als subjektive Bezugs-größe kommunaler Entscheidungen sichtbar.

4.2 Institutionelle Professionalisierung auf der kommunalen Ebene

Institutionelle politische Professionalisierung auf der lokalen Ebene wird in bisher vor-liegenden Studien anhand der zunehmenden Ressourcenausstattung kommunaler Parla-mente sowie den steigenden Aufwandsentschädigungen für kommunale Mandatstätigkeit belegt (vgl. exemplarisch dazu Reiser 2006, S. 199 ff.; Pähle 2011). Eine Professionali-sierung der kommunalen Vertretungskörperschaften zeigt sich unserer Überzeugung nach aber mindestens ebenso in der Zunahme von arbeitsteilig organisierten und den parlamen-tarischen Entscheidungsstrukturen ähnlichen Arbeitsweisen (Aderhold und Pähle 2007).

Parteien und politische Institutionen der höheren Ebenen des politischen Systems wei-sen eine klare Arbeitsteilung auf, die beispielsweise durch inhaltlich definierte Arbeits-kreise und Ausschussstrukturen charakterisiert ist. Die thematische Spezialisierung entlastet das einzelne Parteimitglied bzw. den einzelnen Bundes- oder auch Landesabge-ordneten. Es stellt sich daher die Frage, inwieweit arbeitsteilige Strukturen mit dem Ziel einer Erhöhung der Effizienz kommunaler Entscheidungsprozesse auch auf der lokalen Ebene nachweisbar sind. Unsere Befunde lassen zum Teil deutliche Unterschiede zwi-schen den Befragungsgebieten in Nordrhein-Westfalen und Sachsen-Anhalt hervortreten (siehe Tab. 2).

Fast alle befragten Ratsmitglieder bestätigen, dass es innerhalb der Fraktionen eine Arbeitsteilung gibt. Diese scheint sich in den NRW-Kommunen, analog beispielsweise zu den Arbeitsstrukturen des Bundestages, an der Gliederung der Ausschüsse zu orientie-ren, während in ostdeutschen Kommunen die arbeitsteilige Struktur der Ratsarbeit kein vergleichbares Muster aufweist.

Weiterhin wird erkennbar, dass der Stadtrat bzw. Kreistag als zentrales und kollek-tives Diskussions- und Entscheidungsgremium für Ratsmitglieder in den ostdeutschen Gebieten eine weitaus höhere Bedeutung besitzt als für die westdeutschen Befragten. Die Parlamentarisierung der Arbeitsstrukturen – und damit deren Professionalisierung – scheint in den Kommunalvertretungen Nordrhein-Westfalens stärker vorangeschritten zu sein als in Sachsen-Anhalt, was auf ein Legat der Wende und der DDR-sozialisier-ten Politikergeneration sowie die unterschiedlich langen Erfahrungszeiträume hindeutet (Meisel 1995).

242 T. Jaeck et al.

4.3 Individuelle Verberuflichung des kommunalen Mandats

Ein weiterer Indikator für Professionalisierungsprozesse auf der lokalen Ebene ist der zeit-liche Arbeitsaufwand für die kommunale Mandatstätigkeit. Seit den 1970er Jahren wird in der kommunalwissenschaftlichen Literatur der Befund fortgeschrieben, dass der Zeitauf-wand für die Ausübung eines kommunalen Mandats in einer Großstadt bei 20 bis 60 Stun-den pro Woche liegt (Naßmacher 1973; Simon 1988; Ronge 1994). Infrage gestellt wird daher, inwieweit das Leitbild von Kommunalpolitik als Ehrenamt der Realität entspricht.

Im Rahmen der Ratsmitgliederbefragung haben wir den mit dem kommunalen Mandat verbundenen Arbeitsaufwand untersucht. Erhoben wurde der Zeitaufwand für Sitzun-gen und Gespräche sowie für die Vorbereitung von Sitzungen. Die ermittelte Höhe von durchschnittlich 18,5 Stunden pro Woche gibt dabei die subjektive Einschätzung durch die befragten Ratsmitglieder wieder. Bestätigt wird die These, dass sich gerade in den Großstädten (Köln: 24,4 h pro Woche; Halle: 22,7 h pro Woche) der ehrenamtliche Cha-rakter des kommunalen Mandats in eine politische Teilzeitbeschäftigung verwandelt hat. Nicht nur der mit dem Mandat verbundene Arbeitsaufwand, sondern auch die Einschät-zung der Vereinbarkeit von Beruf und Mandat durch die Ratsmitglieder selbst verdeut-lichen die gewachsenen Anforderungen an Mandatsinhaber. Insgesamt verweisen 57,7 % der Ratsmitglieder auf einen schwierigen Balanceakt zwischen beruflichen und mandats-bezogenen Pflichten. Jedoch gibt es hier große Unterschiede zwischen den Kommunen. So werden in Jülich von den relativ wenigsten Mandataren Probleme gesehen (41,7 %), wohingegen mehr als drei von vier Kommunalvertretern in Köln (77,8 %) auf Schwierig-keiten verweisen. Dementsprechend befürwortet ein Drittel der Kölner Ratsvertreter die Vollalimentierung des kommunalen Mandats, während in den anderen Untersuchungsge-bieten recht einhellig am Leitbild des ehrenamtlichen Kommunalpolitikers festgehalten wird. So ist etwa in Halle ein mit Köln vergleichbarer Zeitaufwand mit dem kommunalen Mandat verbunden, die Mehrheit der befragten halleschen Ratsmitglieder (52,6 %) sieht jedoch die Vereinbarkeit von Beruf und Mandat als gegeben. Eine Verberuflichung der

Tab. 2: Arbeitsteilung in den Kommunalvertretungen und Fraktionen (eigene Berechnungen; Datenbasis Ratsmitgliederbefragung A4-SFB 580 2006)

Sachsen-Anhalt

nordrhein-Westfalen

Signifikanz-niveau ( p)

Unterschiede LSA/NRW ( ja;in %)„In der Fraktion gibt es eine feste interne Arbeitsteilung“

95,2 91,9 > 0,431

„Die Fraktion hat zur Vorbereitung der Ausschuss-sitzungen Arbeitskreise gebildet“

46,8 83,8 > 0,000

Unterschiede LSA/NRW ( stimme voll und ganz zu + stimme eher zu; in %)„Beratungen im Stadtrat/Kreistag sind nur noch Formsache, weil die Vorentscheidungen bereits in den Fraktionen gefallen sind“

47,5 89,8 > 0,000

„Beratungen im Stadtrat/Kreistag sind nur noch Formsache, weil die Vorentscheidungen bereits zwi-schen den Fraktionen getroffen wurden“

30,0 69,0 > 0,000

243Einheit der Eliten?

Lokalpolitik wird dort nur für bestimmte Positionen (insbesondere Fraktionsvorsitzende) angestrebt.

Die Daten unserer Ratsmitgliederbefragung erhärten die Ergebnisse anderer Studien (Reiser 2006; Pähle 2011; Walter 2002; Maier und Schmitt 2008). Politische Professiona-lisierung im Sinne einer Verberuflichung des kommunalen Mandats kann – zumindest für die beiden untersuchten Großstädte – nachgewiesen werden.

4.4 Elitebewusstsein und Eliteempfinden

In der Literatur wird ein „gemeinsames Selbstverständnis“ der „politischen Klasse“ als Indiz für Professionalisierungsprozesse betrachtet. Unsere These ist, dass die nachgewie-sene parteiengeprägte Sozialisation und ebenso die Parlamentarisierung der Arbeitswei-sen zu einer Angleichung professioneller Verhaltensnormen führen und ein gemeinsames Selbstverständnis, den viel beschriebenen „Korpsgeist“, auch auf der lokalen Ebene befördern.

Die befragten Ratsmitglieder sind mehrheitlich der Meinung, dass ein gewisses Zusammengehörigkeitsgefühl der Mandatare über Partei- und Fraktionsgrenzen hinweg besteht (58,5 %). Dass ein ebensolcher Gemeinschaftsgeist auch die Ratsmitglieder und die Verwaltungsseite verbindet, bejahen hingegen nur 45,9 %. Es zeigen sich keine Unter-schiede zwischen ost- und westdeutschen Befragungsregionen, wohl aber im Vergleich der Orte. So verweisen die Daten auf eine scheinbar hohe Ingroup-Mentalität bzw. kon-fliktfreie Zusammenarbeit der Fraktionen in Jülich (84,0 %) und Dessau-Roßlau (66,7 %); im Oberbergischen Kreis hingegen nehmen nur 41,4 % der befragten Ratsmitglieder ein Zusammengehörigkeitsgefühl der Mandatare über Fraktionsgrenzen hinweg wahr.

Über die Ratsmitgliederbefragung hinausgehend ermöglichen die Daten der Elitenbe-fragung, das elitebezogene Selbstverständnis der politischen und administrativen Posi-tionsträger zu erhellen und vorhandene Unterschiede zwischen beiden Teilgruppen der lokalen Führungsschicht aufzudecken. Einerseits wurde ermittelt, inwieweit sich die kommunalen Entscheidungsträger selbst als Elite sehen ( Eliteempfinden), andererseits haben wir ausgelotet, inwieweit sie ihre persönlichen Eigenschaften, Merkmale und ihre Leistungsfähigkeit als für Eliten typisch bewerten ( Elitebewusstsein) (siehe Tab. 3).

das Eliteempfinden der lokalen Entscheidungsträger hat sich seit 2006 leicht verrin-gert (von 45,3 % 2006 auf 40,4 % 2010). Der Rückgang beruht vor allem auf dem durch-schnittlich geringeren Eliteempfinden der ostdeutschen Befragten. Der höhere Wert in NRW spiegelt insbesondere das ausgeprägte Eliteempfinden der Kölner und der Ober-bergischen (lokalen) Amtseliten wider. Zudem stuft sich nur in diesen beiden Untersu-chungsgebieten mehr als die Hälfte der Befragten selbst als Elite ein.

Das Eliteempfinden von administrativen und politischen Eliten unterscheidet sich deutlich voneinander. Nur wenig mehr als ein Viertel der politischen Eliten (26,2 %) stuft sich selbst als Elite ein. Anders das Führungspersonal der kommunalen Verwaltung: Hier ist die Mehrheit von dem eigenen Elitestatus überzeugt (52,6 %). Diese Selbstbe-schreibung lässt sich zum einen damit erklären, dass in den höheren Verwaltungsrängen ein noch einmal deutlich höherer Akademikeranteil existiert und auch deutlich höhere Durchschnittsverdienste als mit mandatsbezogenen Aufwandsentgelten erzielt werden. Die Selbstwahrnehmung als Elite könnte somit auf einer materiell tatsächlich heraus-

244 T. Jaeck et al.

ragenden Position im gesellschaftlichen Gefüge beruhen. Wirksam werden könnte zum anderen ein traditionsbewusstes, bürokratisches Selbstbild, das ein kollektives Bewusst-sein von professioneller Höherwertigkeit aus dem Merkmal fachlicher Qualifikation und sachlich-neutraler Amtsauffassung bezieht.

Im Gegensatz zum Eliteempfinden hat sich das Elitebewusstsein zwischen 2006 und 2010 leicht erhöht (siehe Tab. 3).11 Die administrativen und die großstädtischen Eliten zeichnen sich durch ein stärker ausgeprägtes Elitebewusstsein aus, als dies bei politi-schen Eliten und bei Entscheidungsträgern in den Mittelstädten und Landkreisen der Fall ist. War 2006 das Elitebewusstsein der ostdeutschen Befragten noch etwas geringer als das der westdeutschen Vergleichsgruppe, so fällt es vier Jahre später deutlich höher aus (LSA 3,76 gegenüber NRW 3,25). Insbesondere in Halle ist der Wert zwischen 2006 und 2010 deutlich angestiegen. Die ostdeutschen Eliten bezeichnen sich selbst folglich eher ungern als „Elite“ (Eliteempfinden), sind andererseits aber davon überzeugt, leistungs-

11 Zur Messung des Elitebewusstseins wird ermittelt, welche Eigenschaften die befragten kom-munalen Entscheidungsträger „Eliten“ zuschreiben und inwieweit ihre eigene Attribuierung der den Eliten zugeschriebenen Eigenschaften entspricht. Stimmen Elite-Eigenschaften mit der eigenen Attribuierung überein, werten wir dies als Indiz für Elitebewusstsein. Auf der Grund-lage einer Summenskala von acht abgefragten Eigenschaften stehen der Wert 0 für kein Elite-bewusstsein und der Wert 8 für ein sehr hohes Elitebewusstsein. Niedrige Werte wie 3 oder 4 deuten bereits auf ein ausgeprägtes Elitebewusstsein hin.

Tab. 3: Elitebewusstsein und Eliteempfinden der lokalen politischen und administrativen Posi-tionsträger (eigene Berechnungen; Datenbasis Elitenbefragung A4-SFB 580 2006; 2010)unterscheidungsmerk-mal

Eliteempfinden 2006; Zustim-mung in %

Eliteempfinden 2010; Zustim-mung in %

Elitebewusstsein 2006; Skala 0–8; 8 = sehr hohes EB

Elitebewusstsein 2010; Skala 0–8; 8 = sehr hohes EB

gesamt 45,3 40,4 3,24 3,52halle 54,8 39,4 2,94 4,08Köln 59,4 54,8 3,55 3,76Dessau-Roßlau 41,7 40,0 3,40 3,64Jülich 23,5 25,0 2,76 2,25Saalekreis 20,0 26,3 3,53 3,44Oberbergischer Kreis 50,0 53,8 3,25 3,40Großstadt 57,1 46,9 3,23 3,91Mittelstadt 34,1 33,3 3,14 3,05landkreis 37,1 37,5 3,37 3,42NRW 47,8 45,3 3,26 3,25lSA 42,9 36,4 3,22 3,76Administrative Eliten 58,6 52,6 3,51 3,58Politische Eliten 31,9 26,2 2,96 3,44Aktive Eliten 37,8 40,0 3,13 3,33Ehemalige Eliten 48,9 40,7 3,29 3,63N 139 141 141 117

245Einheit der Eliten?

fähig, ehrgeizig und kompetent zu sein, kurz: elitebezogene Eigenschaften zu verkörpern (Elitebewusstsein).

Festzuhalten bleibt, dass die lokalen Eliten in Ost- und Westdeutschland durchaus über ein gemeinsames Gruppenverständnis verfügen, welches sie gegenüber der Bevölkerung abhebt.

Insgesamt ist festzustellen, dass Professionalisierungsprozesse auf der lokalen Ebene vielfältig nachweisbar sind. Dass diese Vorgänge mehr als nur Aspekte der individuellen Verberuflichung umfassen, wurde bisher nur unzureichend beleuchtet. Tendenzen einer Professionalisierung zeigen sich auch dahingehend, dass – möglicherweise als Reaktion auf die gewachsenen kommunalen Herausforderungen, also die Zunahme des Arbeits-aufwandes und die Komplexität lokaler Entscheidungsprozesse – parlamentarische Ver-fahrensweisen, parteienstaatliche Sozialisation und elitebezogene Identitätsbildung an Bedeutung gewinnen (Harm und Aderhold 2013; Harm und Jaeck 2013).

5 Lokale Eliten zwischen Divergenz und Konvergenz?

Die Geschwindigkeit wie auch der genaue Verlauf der unterschiedlichen Professionali-sierungsprozesse sind in den einzelnen Untersuchungsgebieten durchaus unterschiedlich. Eine Verberuflichung der lokalen Politik und die Ausprägung eines gemeinsamen „Grup-penbewusstseins“ kommunaler Entscheider sind vor allem in den Großstädten deutlich erkennbar. Unterschiede hinsichtlich Professionalisierungsgrad und Elitebewusstsein treten vordergründig nicht zwischen den von uns untersuchten ost- und westdeutschen lokalen Eliten auf, sondern zwischen politischen und administrativen Positionsträgern, was auf das partielle Auseinanderfallen von Mandatskultur und Amtsgedanke zurück-geführt werden kann.

Um die Frage der hier interessierenden Transformationsthematik nach der Konvergenz ost- und westdeutscher Eliten über den Aspekt politischer Professionalisierung hinaus abschließend bearbeiten zu können, wird im nächsten Schritt analysiert, inwieweit die untersuchten ostdeutschen und westdeutschen Eliten über verschiedene Profile hinsicht-lich Ressourcenausstattung, Verflechtungsgrad und Einstellungsmuster verfügen.

Konvergenz12 auf der Ebene der Eliten gilt einerseits als Voraussetzung für Prozesse der Elitenkooperation, andererseits als Anzeichen für ein erfolgreiches Zusammenwach-sen beider Teile Deutschlands nach dem Systemumbruch. Konvergenz kann gleichzeitig aber auch zu Schließungsprozessen führen, die von der Bevölkerung als eine „Abkopp-lung“ der Eliten von den Bürgern empfunden wird. Eliten befinden sich somit in einem andauernden Konflikt zwischen Professionalisierungsdruck im Sinne einer sachbezoge-nen und entscheidungsgerichteten Elitenkooperation und der Anforderung, als „respon-sive“, d. h. rückgekoppelte Repräsentanten ihrer Wähler bzw. ihres „Prinzipals“ in Gestalt der Gesamtheit der Bürger wirken zu müssen.

12 Der hier gewählte Begriff der Konvergenz schließt neben der territorialen Vergleichsebene Region NRW und Region LSA zwei inhaltlich unterscheidbare Akzentsetzungen ein: zum einen die transformationsbedingte Frage nach Angleichung oder Nichtangleichung, zum anderen die Frage der horizontalen Integration innerhalb der untersuchten Statusgruppe.

246 T. Jaeck et al.

Abbildung 1 zeigt das Ergebnis einer multiplen Korrespondenzanalyse auf der Ebene der befragten Eliten. Alle untersuchten Unterscheidungskriterien werden vor allem durch zwei Dimensionen beeinflusst: Die erste, horizontale Dimension wird durch das Sozialkapital13 der Elite bestimmt.14 Die jeweiligen Pole werden durch ein hohes (+) und niedriges (−) Sozialkapital aufgespannt. Die zweite, vertikale Achse verläuft entlang der beruflichen Bildung. Hier sind die Pole durch niedrigere Bildung (unterhalb des Fach-hochschulabschlusses) und sehr hohe Bildung (Promotion) gekennzeichnet.

Mit Hilfe der Korrespondenzanalyse haben wir untersucht, wie und auf welchen Dimensionen die befragten Eliten variieren. Das Unterscheidungskriterium ost- bzw.

13 Sozialkapital wird in diesem Fall über die Anzahl sozialer Kontakte operationalisiert, d. h. über die Frage, wie viele Personen mit bestimmten Funktionen (Geld leihen, Referenz bieten etc.) im Bekannten-, Freundes- bzw. Familienkreis der befragten Eliten vorhanden sind. Die Anzahl sozialer Kontakte wird anschließend nach Sicherheit (Art der Quelle – Bekannter = 1, Freunde = 2, Familie = 3) und Verfügbarkeit (Anzahl der Quellen – z. B. Freunde und Bekannte = 2) gewichtet.

14 Die Unterscheidung zwischen horizontal und vertikal bezieht sich im Folgenden auf die jewei-ligen Achsenlagen in Abb. 1.

Abb. 1: Korrespondenzanalyse von Sozialkapital und Bildungsstatus der lokalen Eliten (eigene Berechnungen; Datenbasis A4-SFB 580, Elitenbefragung 2010)

247Einheit der Eliten?

westdeutsche Eliten offenbart zwar horizontal große Unterschiede hinsichtlich des sozia-len Kapitals, liegt jedoch vertikal auf einer Ebene. Das heißt, westdeutsche lokale Eliten zeichnen sich durch ein eher hohes Sozialkapital aus, bei der beruflichen Bildung zeigen sich hingegen kaum bzw. nur geringe Ost-West-Unterschiede.

Differenziert man zwischen administrativen und politischen Eliten, also hinsichtlich der eingenommenen Eliteposition, ergibt sich ein diametral entgegengesetztes Bild: Hier zeigt sich die Variation auf der vertikalen statt auf der horizontalen Achse. Das wiederum heißt, dass administrative Eliten im Schnitt eine deutlich höhere berufliche Qualifikation und eine bessere finanzielle Ausstattung vorweisen als die politische Teilelite. Beide Teil-gruppen variieren allerdings kaum hinsichtlich ihres sozialen Kapitals. Die grundlegende Vorstellung vom „Feierabendpolitiker“, der dem hochqualifizierten Verwaltungsvertreter gegenübersteht (Mouritzen und Svara 2002), scheint sich aber nur auf den ersten Blick zu bestätigen, wie die obigen Ausführungen zur Professionalisierung der Mandatare zeigten.

Haben sich die feststellbaren Unterschiede im Zeitverlauf verändert? Kann seit 2003 eine Annäherung (Konvergenz), eine zunehmende Kluft (Divergenz) oder aber keine Ver-änderung zwischen Ost- und West-Eliten beobachtet werden?

Insgesamt sind noch immer gewisse Ost-West-Unterschiede vorhanden. Das zeigen die von uns herangezogenen Indikatoren. Das Sozialkapital wurde aufgrund des kom-plexen Frageumfangs nur 2006 erhoben. Durch das Untersuchungsdesign können jedoch stellvertretend ehemalige und aktive Eliten verglichen werden. Innerhalb der Gruppen ehemaliger und aktiver Positionsinhaber zeigen sich Differenzen zwischen den beiden Bundesländern, trotz geringerer Fallzahlen, weiterhin signifikant und dadurch konstant.15

Seit Beginn der Befragung im Jahr 2003 verfügen circa 50 % der Elitenhaushalte konstant über ein Haushaltseinkommen von mehr als 4.500 € monatlich. Der Anteil an Haushalten mit hohem Einkommen ist somit erwartungsgemäß relativ hoch.16 In nord-rhein-Westfalen sind dies allerdings rund 60 % der Elitenhaushalte gegenüber etwa 30 % in Sachsen-Anhalt. Unterscheidet man nach der Elitenposition, zeigt sich ein fast identi-sches Bild. Bei den Haushalten der administrativen Eliten beträgt der Anteil rund 60 %, während er bei den politischen Eliten nur 30 % beträgt.

Das Bildungsniveau der befragten Eliten ist außerordentlich gehoben. Der Anteil der-jenigen, die über ein abgeschlossenes Hochschulstudium oder eine Promotion verfügen, fällt mit 84,7 % (2010) sehr hoch aus.17 Hier lassen sich seit 2003 zwischen Nordrhein-Westfalen und Sachsen-Anhalt keine signifikanten Unterschiede feststellen, wohl aber zwischen politischen und administrativen Eliten, wobei letztere seit 2003 einen deutlich höheren Anteil an Akademikern ausweisen.

15 Das heißt, die befragten Eliten in NRW verfügen über ein ungleich leistungsfähigeres soziales Netzwerk als diejenigen in LSA. Da dieser Befund sowohl für die ehemaligen als auch für die aktiven Teilgruppen gilt, ist davon auszugehen, dass es sich hier um einen über die Zeit relativ konstanten Ost-West-Unterschied handelt, der im Untersuchungszeitraum weder ab- noch zuge-nommen hat.

16 Zum Vergleich: Der Anteil von Haushalten mit einem Einkommen von über 4.500 € monatlich liegt in der Bevölkerungsumfrage 2009 bei 10,8 %.

17 Der Vergleichswert für die Bevölkerungsumfrage liegt bei circa 28,6 %.

248 T. Jaeck et al.

Es bleibt festzuhalten, dass sich trotz gleichen Bildungsniveaus noch immer deutli-che Ost-West-Unterschiede in den Haushaltseinkommen der von uns untersuchten Eliten zeigen. Auch ist das Sozialkapital der lokalen Positionsträger in Nordrhein-Westfalen stärker ausgebildet. Der Bildungsgrad und das Einkommen werden jedoch eher durch die Eliteposition als durch die Herkunft erklärt. Hinsichtlich des sozioökonomischen Status kann somit seit 2003 nur ein geringer Unterschied zwischen Ost und West innerhalb der kommunalen Positionsträger festgestellt werden.

Wenden wir uns nun der Frage zu, ob sich neben diesen geringen sozioökonomischen Divergenzen Unterschiede in den Einstellungsmustern und Wertorientierungen der loka-len Eliten zeigen. Wertorientierungen zeichnen sich durch hohe zeitliche Stabilität aus und verändern sich in der Regel im Laufe eines Lebens kaum. Sie gelten daher als den Einstellungen übergeordnete Attribute, die diese strukturieren und beeinflussen. Auf-grund der langen Teilung von Ost- und Westdeutschland wäre anzunehmen, dass sich auch die Werthaltungen der Eliten zwischen NRW und LSA noch immer unterscheiden. Diese Annahme geht allerdings fehl (Aderhold et al. 2010): Die Werthaltungen zwischen Ost- und West-Eliten unterscheiden sich aktuell (2010) nicht. In beiden Befragungsgebie-ten steht eine vertrauensvolle Partnerschaft an oberster Stelle, gefolgt von anderen priva-ten Wertorientierungen wie Freundschaft, Familie und Eigenverantwortlichkeit.18 Auch bezüglich anderer Wertorientierungen (Gesetzestreue, Toleranz, Hilfsbereitschaft) stellen sich die Eliten geschlossen dar.

Ähnlich verhält es sich hinsichtlich der Zufriedenheit mit der Funktionsweise der Demokratie (Gabriel 2007). Auch hier finden wir 2010 keine Unterschiede zwischen den Eliten der beiden Bundesländer. Eine überwiegende Mehrheit von 71,0 % äußert sich sehr bzw. eher zufrieden. Ebenso wird das bevorzugte Gesellschaftsverständnis innerhalb der Eliten einheitlich beurteilt. So werden etwa das Streben nach ungehinderter Gewinn- und Profitmaximierung von Unternehmen sowie die Aussage „Gewerkschaften seien überflüssig“ mehrheitlich abgelehnt. Es zeigt sich allerdings auch, dass die befragten Eliten in Sachsen-Anhalt einzelne wirtschaftsfreundliche Aussagen weniger stark ableh-nen („Gewerkschaften sind überflüssig“; „die soziale Verantwortung von Unternehmen besteht ausschließlich darin, Gewinn zu machen“) und staatlich regulierende Maßnahmen eher zurückhaltend beurteilen (z. B.: „Der Staat sollte den Wirtschaftsprozess regulieren und kontrollieren“). Vorstellungen über eine ideale Ausrichtung von Politik (z. B.: „Poli-tik soll das Große und Ganze in den Blick nehmen“; „Politik soll gegenüber der Wirt-schaft eine dominierende Rolle einnehmen“) und über Bürgerpflichten (z. B.: „Vertrauen in Politik“) werden von Ost- und West-Eliten nicht unterschiedlich beurteilt.

Hervorzuheben bleibt, dass ostdeutsche lokale Eliten eher dazu neigen, ihre Entschei-dungen an der Meinung der Wähler anstatt an ihren eigenen Überzeugungen auszurich-ten. Dies könnte eine mögliche Reaktion auf Legitimationsprobleme sein, die auf einer stärkeren Politik(er)- und Parteienverdrossenheit der ostdeutschen Bevölkerung beruhen (Gabriel 2007).

18 Identische beziehungsweise recht ähnliche Ergebnisse bezüglich der in der Bevölkerung vor-handenen Wertorientierungen finden sich auch in anderen Studien, wie beispielsweise dem Sachsen-Anhalt-Monitor (Holtmann et al. 2009) oder der Bürgerumfrage Halle 2009 (Harm et al. 2010).

249Einheit der Eliten?

Insgesamt stellen sich die lokalen Eliten als außerordentlich homogene Gruppe dar. Es sind nur geringe Unterschiede sowohl zwischen den administrativen und politischen Teilgruppen als auch zwischen den ost- und westdeutschen Befragten auszumachen. Diese sind insgesamt eher die Ausnahme als die Regel. Die aufgezeigten Unterschiede in Sozialstatus und Ressourcenausstattung spiegeln sich somit nicht in den Einstellungs-mustern wider. Es spricht viel für eine horizontale Konvergenz der Eliten zwischen Ost und West.19

6 Zusammenfassung

Der mit der Transformation Ostdeutschlands eingeleitete Elitenumbau erfolgte in drei Schritten (Herzog und Bürklin 2003). In rasanter Geschwindigkeit schieden zunächst SED-Spitzenfunktionäre bzw. große Teile der Nomenklatur aus ihren Ämtern und Posi-tionen aus. Im Weiteren wurde, sektoral und ebenenmäßig in unterschiedlicher Stärke, neues Personal integriert, das sich großenteils aus den alten Bundesländern und in gerin-gerem Umfang aus der DDR-Transitionselite rekrutierte. Fast parallel hierzu kam es zu Prozessen einer grundsätzlichen Neuformierung von Institutionen, die insbesondere auf der lokalen Ebene Transferprozesse von West nach Ost deutlich überlagerten.

Auf der kommunalen Ebene vollzogen sich so parallel ein umfassender Institutio-nentransfer sowie nach und nach um sich greifende Strukturveränderungen und -inno-vationen kommunaler Selbstverwaltung (Maier und Schmitt 2008, S. 19), in deren Verlauf zunehmend Prozesse politischer Professionalisierung hinsichtlich Rekrutierung, Selbstverständnis und Akzeptanz an Bedeutung gewannen. Wurde die schnelle Imple-mentierung westdeutscher politischer und administrativer Entscheidungsstrukturen auf nationaler und Länderebene durch den Import westdeutscher Eliten unterstützt, erfolgte der Transformationsprozess auf kommunaler Ebene größtenteils unter der Ägide von im Osten aufgewachsenen und sozialisierten Eliten.

An dem in unserem Zusammenhang interessierenden Ost-West-Vergleich lokaler Eliten lassen sich Ausmaß und Qualität der vielschichtig angelegten Transformation besonders prägnant ablesen. Folgende Entwicklungen zeichnen sich ab: Eliteaufbau bzw. -neubildung in den von uns untersuchten ostdeutschen Kommunen haben sich dem westdeutschen Muster nahezu angeglichen. Auch sind Prozesse hinsichtlich Neuaufbau bzw. institutionell stabilisierter Reproduktion von bestimmten, als Elite zu bezeichnen-den Bevölkerungsgruppen beobachtbar. Vor allem im Bereich der Verwaltung sprechen einige Befunde dafür, dass dieser Umformungsprozess als abgeschlossen betrachtet wer-den kann.

19 Es soll noch einmal darauf hingewiesen werden, dass die geringen Unterschiede zwischen NRW und LSA sich nicht dadurch erklären lassen, dass es sich bei den „Osteliten“ eigent-lich um „Westeliten“ handelt, die nach 1990 die alten lokalen Eliten ersetzt haben. Nur 9 % der ehemaligen und aktiven Eliten in Sachsen-Anhalt stammen ursprünglich aus Westdeutsch-land. Die vergleichbare Zahl für „Ost-Importe“ in Nordrhein-Westfalen liegt bei 1,4 %. Wei-terhin bezeichneten sich nur zwei befragte Eliten-Angehörige als Westdeutsche, die jetzt in Ostdeutschland leben.

250 T. Jaeck et al.

Abgesehen von marginalen Unterschieden haben sich Karrierewege, Professionalisie-rungsmuster, Selbstverständnis, Wertorientierungen und politische Einstellungsmuster der Eliten in den ostdeutschen Befragungsgebieten mittlerweile denen der westdeutschen angepasst (Aderhold et al. 2010). Diese auf horizontale Konvergenz hinauslaufenden Entwicklungen gehen einher mit Prozessen sozialer Schließung, zu deren Kennzeichen formale und informale Professionalisierung, spezifische Rekrutierungsstrategien sowie der Umbau der Legitimationsmuster auf der lokalen Ebene gehören. Wir deuten diese Entwicklung so, dass die mit Transition und Transformation verbundenen lokalen Prob-lemlagen zusehends von neuen Herausforderungen überlagert werden, die „nicht oder nur unmittelbar einigungsbedingt sind“ (Holtmann 2009, S. 8). Ins Zentrum von Elitebildung, Rekrutierung, Karrierisierung und politischer Institutionalisierung rückt demnach die aktuelle Relevanz von politischen Professionalisierungsprozessen, die sowohl mit derzei-tigen handlungs- und Institutionalisierungserfordernissen als auch mit neuen legitima-tionsproblemen auf der lokalen Ebene im Zusammenhang stehen (Aderhold et al. 2009).

In NRW und LSA lassen sich ähnliche Entwicklungen lokaler politischer Professio-nalisierung beobachten, insbesondere im Hinblick auf den Zeitaufwand für kommunale Mandate, das Selbstverständnis der lokalen Eliten und Formen der Ingroup-Bildung. Auf der Einstellungsebene zeigt sich die Elitenhomogenität am deutlichsten. unterschiede betreffen dagegen den Grad der Parlamentarisierung und die Parteipolitisierung der Räte.

Zusammenfassend wird eine Entwicklung konstatiert, in der die Ost-West-Differenz an Einfluss verliert und an Erklärungskraft einbüßt. Dieser Befund könnte auf einen gelun-genen politischen Angleichungs- bzw. Transformationsprozess hindeuten. Zu Beginn der Transformation hätten die Unterschiede jedoch kaum größer sein können: Defizitären, delegitimierten ostdeutschen Eliten wurden befähigte und legitime westdeutsche Eliten gegenübergestellt. Mehr als 20 Jahre später fallen insbesondere im Elitenvergleich der Kommunen in NRW und LSA eher Gemeinsamkeiten als gravierende unterschiede ins Auge. Dieser, vor dem Hintergrund der frühzeitig ausgewiesenen gravierenden Hypo-theken Ostdeutschlands (u. a. dysfunktional wirkender Elitetypus, Legitimationsverfall, gravierende wirtschaftliche Leistungsdefizite und finanzieller Bankrott, ökologische und infrastrukturelle Mängel) kaum erwartbare Befund ist erklärungsbedürftig.

Eine mögliche Erklärung wäre, dass trotz der eminenten Probleme der Ausgangs-lage eine nicht nur schnelle, sondern auch leistungsfähige Transformation auf der loka-len Elitenebene vollzogen werden konnte. Ohne dies gänzlich ausschließen zu wollen, neigen wir einem anderen Erklärungsansatz stärker zu. Demnach sind die kulturellen, d. h. sozialisationsbedingten Unterschiede auf individueller Ebene für die Zeit vor 1989 möglicherweise deutlich geringer und zugleich das schon vorhandene Professionalitäts-potenzial höher anzusetzen als gemeinhin angenommen. Jürgen Habermas’ These (1990) einer „nachholenden Revolution“ stützend, zeigen unsere Paneldaten schon für 2003 erkennbare und sich hernach stabilisierende Elitenkonvergenzen (Koll 2007). Die von uns aufgezeigten Ähnlichkeiten von Prozessen politischer Professionalisierung, Elitebe-wusstsein und Ressourcenausstattung sowie die ebenfalls erkennbaren Ähnlichkeiten bei der Weitergabe kulturellen Kapitals in NRW und LSA deuten darauf hin, dass bürgerliche und zivilisatorische Orientierungen nicht gänzlich fehlten bzw. in den Nischen des Real-sozialismus „überwintert“ haben und dann in der Phase der Transformation ihre endogene Prägekraft entfalten konnten.

251Einheit der Eliten?

In Bezug auf aktuelle Herausforderungen und Probleme lässt sich konstatieren, dass die in den deutschen Vereinigungsprozess (diskursiv) eingebrachten Hypotheken der Ost-Eliten nicht nur verschwunden sind, sondern einer dreifachen Korrektur hinsichtlich ihrer empirischen Relevanz und gesellschaftspolitischen Bewertung bedürfen. Erstens konnten wir empirisch zeigen, dass gerade in einem Bereich, der eigenständig und eigensinnig die Transformation bewältigen konnte bzw. musste, recht schnell eine auf breiter Basis ange-legte Konvergenz ost- und westdeutscher Eliten auf lokaler Ebene festgestellt werden kann. Diese schnelle Angleichung führen wir nicht nur auf einen erfolgreichen Institutio-nentransfer zurück, sondern gehen zweitens davon aus, dass die individuellen Hypotheken der nachrückenden ostdeutschen Eliten viel geringer angesetzt werden müssen, als dies zu Beginn von weiten Teilen der bundesdeutschen Politik und der sozialwissenschaftli-chen Forschung angenommen worden ist. Nicht nur diese zuweilen immer noch implizit mitgeführte Fehleinschätzung gilt es zu korrigieren, sondern drittens auch hiermit ver-bundene Konsequenzen, wie u. a. der bisher kaum gestiegene Anteil Ostdeutscher in den bereichen der wirtschaftlichen, wissenschaftlichen, rechtlichen, massenmedialen oder bundespolitischen Eliten (vgl. Kollmorgen 2011, S. 49), der nicht mit habituell bedingten „Defekten“ ostdeutscher Biografien, sondern mit transformationsbedingten Fehleinschät-zungen und hiervon profitierenden Distinktionsstrategien erklärt werden kann.

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256 T. Jaeck et al.

Katrin Harm, geb. 1980. M.A., 2008 bis 2012 wissenschaftliche Mitarbeiterin im Teilprojekt „Lokale politisch-administrative Eliten. Lebensverläufe zwischen Ungewissheit, Professionalisie-rung und Legitimation“ des SFB 580. Seit 2009 Durchführung und Organisation der Bürgerumfrage in Halle/Saale. Seit 2013 freiberufliche Projektassistenz bei der Heinrich-Böll-Stiftung Sachsen-Anhalt e. V. Forschungsschwerpunkte: Stadtsoziologie, Elitenforschung, Lokale Politikforschung, Engagementforschung. Ausgewählte Veröffentlichungen: (mit J. Aderhold, E. Holtmann und T. Jaeck) So nah – und doch so fern? Lokale Eliten im Spannungsfeld von Transformation und politi-scher Professionalisierung, in: H. Best und E. Holtmann (Hrsg.), Aufbruch der entsicherten Gesell-schaft. Deutschland nach der Wiedervereinigung, 2012; (mit T. Jaeck) Bürgerumfrage 2012. Der Hallesche Graureiher, 2013; (mit J. Aderhold, Hrsg.) Die subjektive Seite der Stadt. Neue politische Herausforderungen und die Bedeutung von Eliten im lokalen Bereich, 2013 (i. E.).

Jens Aderhold, geb. 1964. Dr. phil., Mitarbeiter am Institut für Sozialinnovation e. V., Berlin. 2008 bis 2012 Projektleiter im Teilprojekt „Lokale politisch-administrative Eliten. Lebensver-läufe zwischen Ungewissheit, Professionalisierung und Legitimation“ des SFB 580. Aktuelle Pro-jekte: „Nachhaltiger Konsum durch soziale Innovation“ und „Förderliche Governance-Formen im gesellschaftlichen Transformationsprozess“. Forschungsschwerpunkte: Innovations-, Transfor-mations- und Nachhaltigkeitsforschung, Theorie gesellschaftlicher Eliten, Netzwerkbildung und -management, Vertrauens- und Demokratieforschung sowie Organisationsentwicklung. Ausge-wählte Publikationen: Eliten als Brennpunkt gesellschaftlicher Selbstvergewisserung, in: R. John, J. Rückert-John und E. Eposito (Hrsg.), Ontologien der Moderne. Das Erleben der Welt, 2013; Neue Erfordernisse im Elitehandeln im Kontext sekundärer Folgeprobleme der modernen Gesellschaft, in: M. N. Ebertz und R. Schützeichel (Hrsg.), Sinnstiftung als Beruf, 2010; Form und Funktion sozialer Netzwerke in Wirtschaft und Gesellschaft. Beziehungsgeflechte als Vermittler zwischen Erreichbarkeit und Zugänglichkeit, 2004.