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Fuß & Sprunggelenk 10 (2012) 95 Online verfügbar unter www.sciencedirect.com EDITORIAL Osteochondrale Läsionen des Talus Die Therapie chondraler und osteochondraler Läsionen am Talus stellt ein herausforderndes thera- peutisches Problem dar. Es handelt sich hierbei um eine der häufigsten osteochondralen Läsionen, die mehrheitlich im jungen Erwachsenalter symptoma- tisch wird. Das Durchschnittsalter bei Therapiebeginn liegt heute bei 27 Jahren, so dass der Erkrankung und der Therapie auch große sozioökonomische Bedeutung zukommt. Die Uneinigkeit bezüglich der zugrunde liegenden Pathologien der Erkrankung spiegelt sich in den ver- wendeten Bezeichnungen, wie z. B. transchondrale Fraktur, osteochondralen Fraktur, Osteochondritis dissecans, Talus-Dom-Fraktur oder Flake-fracture wieder. Um der Multikausalität gerecht zu werden, hat sich aktuell die Bezeichnung der osteochondralen Läsion (OCL) durchgesetzt, die den morphologischen Befund im Gegensatz zum Pathomechanismus in den Vordergrund stellt. Die heute bekannten Ursachen für die Entstehung einer osteochondralen Läsion werden in diesem Heft zusammenfassend dargestellt. Die Notwendigkeit einer Therapie orientiert sich vor allem am klinischen Beschwerdebild. Regelmä- ßig finden sich osteochondrale Läsionen des Talus als Zufallsbefunde bei einer radiologischen Untersu- chung, die aus anderen Gründen angefertigt wurden. Die Behandlung klinisch beschwerdefreier Befunde ist kritisch zu sehen, da die Rolle einer osteochondralen Läsion bei der Entstehung einer Arthrose im Sprung- gelenk nicht bewiesen ist. Die symptomatische osteochondrale Läsion ist mit einer konservativen Therapie nicht kausal zu behan- deln. Für die Festlegung der Operationstechnik ist eine genaue radiologische Bildgebung der Patholo- gie unabdingbar. Ziel der Bildgebung ist primär die Entdeckung der Pathologie, Feststellung der Lokalisa- tion, Größe der Läsion und zudem die Beurteilung des darüber liegenden Knorpels und des subchondralen Knochens in Bezug auf das Vorliegen eines Kno- chenmarködems und einer zystischen Veränderungen. Zudem sollten mögliche sekundäre Begleitpatholo- gien wie Band- und Sehnenverletzungen mitbeurteilt werden. Die aktuell zur Verfügung stehenden radio- logischen diagnostischen Möglichkeiten werden in einem Beitrag übersichtlich beschrieben. Verschiedene Techniken zur Knorpel-Knochenre- konstruktion am Talus stehen heute zur Verfügung. Da es den ,,golden standard‘‘ aktuell nicht gibt, stel- len mehrere Autoren ihr Vorgehen vor. Diese umfassen eine Knorpelstimulation durch Perforation des sub- chondralen Knochens (z.B. Mikrofrakturierung oder Anbohrung), die Deckung des Defekts mit zellfreien Kollagenmembranen, die osteochondrale Transplanta- tion sowie die autologe Chondrozytentransplantation. Neben der biologischen Rekonstruktion des Knor- pels und Knochens zeichnet sich eine neue Thera- piemöglichkeit für die Zukunft. Das Auffüllen des Defektes mit einem metallischen Knopf (HemiCap ® ) könnte eine weitere Möglichkeit der operativen Therapie darstellen. Aktuell wird der partielle künst- liche Gelenkersatz mit vielversprechenden klinischen Ergebnissen als Revisionseingriff durchgeführt. Zum Schluss bleibt noch die Betrachtung der Begleitpathologien, die bei Übersehen, zu schlechten Ergebnissen oder sogar Therapieversagern führen. In der Hoffnung, Ihr Interesse geweckt und die Diskussion über dieses Thema angestoßen zu haben, möchte ich abschließend allen Autoren für ihre Bei- träge danken. Mit kollegialem Gruß, Christina Stukenborg-Colsman, Hannover doi:10.1016/j.fuspru.2012.02.003

Osteochondrale Läsionen des Talus

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ie Therapie chondraler und osteochondraleräsionen am Talus stellt ein herausforderndes thera-eutisches Problem dar. Es handelt sich hierbei umine der häufigsten osteochondralen Läsionen, dieehrheitlich im jungen Erwachsenalter symptoma-

isch wird. Das Durchschnittsalter bei Therapiebeginniegt heute bei 27 Jahren, so dass der Erkrankungnd der Therapie auch große sozioökonomischeedeutung zukommt.

Die Uneinigkeit bezüglich der zugrunde liegendenathologien der Erkrankung spiegelt sich in den ver-endeten Bezeichnungen, wie z. B. transchondraleraktur, osteochondralen Fraktur, Osteochondritisissecans, Talus-Dom-Fraktur oder Flake-fractureieder. Um der Multikausalität gerecht zu werden,at sich aktuell die Bezeichnung der osteochondralenäsion (OCL) durchgesetzt, die den morphologischenefund im Gegensatz zum Pathomechanismus in denordergrund stellt. Die heute bekannten Ursachen fürie Entstehung einer osteochondralen Läsion werdenn diesem Heft zusammenfassend dargestellt.

Die Notwendigkeit einer Therapie orientiert sichor allem am klinischen Beschwerdebild. Regelmä-ig finden sich osteochondrale Läsionen des Talus

ls Zufallsbefunde bei einer radiologischen Untersu-hung, die aus anderen Gründen angefertigt wurden.ie Behandlung klinisch beschwerdefreier Befunde istritisch zu sehen, da die Rolle einer osteochondralen

oi:10.1016/j.fuspru.2012.02.003

Läsion bei der Entstehung einer Arthrose im Sprung-gelenk nicht bewiesen ist.

Die symptomatische osteochondrale Läsion ist miteiner konservativen Therapie nicht kausal zu behan-deln. Für die Festlegung der Operationstechnik isteine genaue radiologische Bildgebung der Patholo-gie unabdingbar. Ziel der Bildgebung ist primär dieEntdeckung der Pathologie, Feststellung der Lokalisa-tion, Größe der Läsion und zudem die Beurteilung desdarüber liegenden Knorpels und des subchondralenKnochens in Bezug auf das Vorliegen eines Kno-chenmarködems und einer zystischen Veränderungen.Zudem sollten mögliche sekundäre Begleitpatholo-gien wie Band- und Sehnenverletzungen mitbeurteiltwerden. Die aktuell zur Verfügung stehenden radio-logischen diagnostischen Möglichkeiten werden ineinem Beitrag übersichtlich beschrieben.

Verschiedene Techniken zur Knorpel-Knochenre-konstruktion am Talus stehen heute zur Verfügung.Da es den ,,golden standard‘‘ aktuell nicht gibt, stel-len mehrere Autoren ihr Vorgehen vor. Diese umfasseneine Knorpelstimulation durch Perforation des sub-chondralen Knochens (z.B. Mikrofrakturierung oderAnbohrung), die Deckung des Defekts mit zellfreienKollagenmembranen, die osteochondrale Transplanta-tion sowie die autologe Chondrozytentransplantation.

Neben der biologischen Rekonstruktion des Knor-pels und Knochens zeichnet sich eine neue Thera-piemöglichkeit für die Zukunft. Das Auffüllen desDefektes mit einem metallischen Knopf (HemiCap®)könnte eine weitere Möglichkeit der operativenTherapie darstellen. Aktuell wird der partielle künst-liche Gelenkersatz mit vielversprechenden klinischenErgebnissen als Revisionseingriff durchgeführt.

Zum Schluss bleibt noch die Betrachtung derBegleitpathologien, die bei Übersehen, zu schlechtenErgebnissen oder sogar Therapieversagern führen.

In der Hoffnung, Ihr Interesse geweckt und dieDiskussion über dieses Thema angestoßen zu haben,möchte ich abschließend allen Autoren für ihre Bei-

träge danken.

Mit kollegialem Gruß,Christina Stukenborg-Colsman,

Hannover