352 P. Rohlunrl. Die Hydrotation des Ilertiihgdrats des Calciunisirlfrds.

Die Hydratation des Hemihydrats des Calciumsulfats. Von

Pac I, RonLasu.

Seit langem ist belrannt, dab Losungen von Eibisch, Gummi arsbikum, Tragant, Salep, Glyzerin, Leim die Abbiiidungsgeschwirtdig- keit des Hemihydrats des Calciumsulfats verziigern. Meine Unter- suchungenl hatten ergeben, datS zalilreiche E l e k t r o l y t c diese Ab- bindungsgeschwindigkeit teils beschleunigen, teils verzijgern.

Die Ursachen dieser beiden Vorgiinge sind aber ganz ver- schiedene. Bei der ersten Stoffgattung liegen ausgepriigte Kol lo ide vor, die &us dem Grunde das hbbinden verzogern, weil sie die Kristallisationsgeschwindigkeit und das Zusammenkristallisieren der Gipsteilchen verlangsamen.

Bei der Einwirkung der Elektrolyte auf die Abbindungs- geschwindigkeit stellte sich aber die GesetzmaBigkeit heraus, daW beim Abbinden des Hemihydrats L 6 s l ichkei t sverm e h r u n g durch Zusatza und B es c h l eun i gun g der Hydratationsgeschwindigkeit, L o s l i c h k e i t s v e r r i n g e r u n g und Verzoge rung der letzteren in Parallelismus stehen und ursachlich zusammenhiingen.

Diese Beschleunigung und Verzogerung kann durch ein und denselben Elektrolyten, je nach dem Grad seiner K o n z e n t r a t i o n , hervorgerufen werden.

NaCl, KCI, KBr, K J , NH,Cl, NH,F, MgCI,, NaNO,, KNO,, (NH,), NO,, Mg(NO,),, Na,SO,, (NH,),SO,, MgSO,, A1,(S04)3, Lua28'L03, H,SO,.

C,,H,,O,,, AlCI, urid K,Cr,O,.

Es b e s ch leu n ig en die Hydratationsgeschwindigkeit :

Es ve r z o g e r n die Hydratationsgeschwindigkeit :

NaCl, CaCI,, Na,SO,, (NH,),SO,, MgSO,, C,H,(OH); ferner: Na,CO,,K,CO,, (NH,),CO,, B(OH),, Na4B20,, lOH,O, NaOH, KOH,

C,H,O,(NH,), Na,HPO,.

' Vgl. P. ROHLAND, Der Stuck- und Estrichgips. Quandt 11. NLndel, Leipzig, 1904.

Die Hydratation des Hemihydrats des Calciumsulfats. 353

Vergleicht man die R esc h l eun igung der Hydratationsgeschwin- di gkeit , bzw. deren V e r z o g e r u n g mit der L o s l i c h k e i t s ernie d r i- g u n g oder E r h o h u n g in diesen Losungen, so findet man folgendes: in verdunnten Losungen von Natriumchlorid ist die Loslichkeit des Hemihydrats gro6er als in Wasser, weil sich ein komplexes Ion von der Form NaC1, Na,SO, nach N. OR LOW^ bilden soll.

Moglicherweise mu6 auch die Bildung von nicht dissoziiertem Chlorcalcium hierbei in Betracht gezogen werden.

Nach Uberschreitung eines Maximums nimmt die Loslichkeit allmahlich wieder ab. Diesem Verhalten entspricht erst eine Be- schleunigung, da,nn eine Verzogerung der Hydratationsgeschwin- digkeit.

KCl, KBr, KJ, NH,Cl, NH,F, MgCl,, NaNO,, KNO,, (NH,),NO,. Mg(NO,), ve rmehren die Loslichkeit des Hemihydrats und be- s ch leunigen demnach seine Hydratationsgeschwindigkeit. Chlor- calcium ve r r inge r t die Loslichkeit nach dem Massenwirkungsgesetz und ve rzoge r t demnach die Hydratation, ebenso die Sulfate Na,SO,, K,SO,, (NH,),SO,, MgSO, in geringer Konzentration, in gro6erer ist ihr Verhalten umgekehrt, da sich komplexe Ionen bilden.

Schwefelsaure e r h o h t ebenfalls die Loslichkeit infolge der Ionenbildung HSO', und beschleunig t die Hydratation, ebenso Na S, 0, und C, H,, 0, wahrend Athylalkohol Loslich keitsverminde- rung uiid Verzogerung der Hydratation hervorruft.

I n den Losungen von ACI,, K,Cr,O, und von Na,CO, bis Na,HPO, ist die Loslichkeitsvermehrung bzw. Verminderung noch n i c h t bekannt.

Trotzdem hat die oben genannte GesetzmaBigkeit auch hier ihre Qiltigkeit; denn der Vorgang beim Abbinden des Qipses ist folgender:

Die Loslichkeit des Hemihydrats CaSO,. 11/, ist g r o 6 e r als die des Dihydrates.

Wird eine Substanz a hinzugesetzt, welche die Loslichkeit des Hemihydrats vermehrt, so wird das zusammengesetxte Gle ich- gewicht , das zwischen den Stoffen:

Ca"S0," CaSO, CaSO,, I '/,H,O fest CaSO,. 2 H,O CaSO,, 2 H,O fest

Journ. phys. ehem. Ges. 33. (1903), 949. Z. anorg. Chem. €Id. 89. 23

354 I-'. Rohland. Die Hydvatalion des Hemihydrats des Cdcizcmsidfnts.

besteht, gestort; das geschieht dadurch, da8 eines der Ionen Ca" oder SO," aus der Losung entfernt wird, indem sich entweder eiii Salz wie beim Rohrzucker oder ein komplexes Ion bildet, wie z. B. bei cler Schwefelsaure. Es erfolgt also eiue L o s l i c h k e i t s v e r m e h r u n g des Hemihydrats; nachdem die Hydratation in Wasser erfolgt ist, ist die Losung in bezug auf das schwerer lbsliche Dihydrat u b e r - s a t t i g t , dieses scheidet sich ab, und die Losung kann von Xeuem Dihydrat aufnehmen. So komrnt die Beschleunigung der Kydra- tation und des Abbindens zustande.

Analog, nur im entgegengesetzten Sinne erklart sich die Ver- zogerung der Hydratation des Hemihydrats.

Stuttgart, 'I'echnisehe Hochschrilc.

Bei der Hedaktion eingegangen am 1 4 . September 1914.