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H. Droschl,Morphologiedes Deckbisses 209 Aus der Universit~itsklinikftir Zahnheilkundeund KieferchirurgieGraz (Vorstand : Univ.-Prof. Dr. H. K ~5 1e) Die Morphologie des Deckbisses Von H. Droschl, Graz Mit 3 Abbildungen In der kieferorthop~idischen Literatur ist der Distalbi/~ (Klasse II/x) bei wei- tern das bevorzugte Ziel klinischer Untersuchungen. Und eine Vielzahl von Publikationen widmen sich ihm sehr detailliert, l~ber den Deckbifl (Klasse II/2) sind die Informationen wesentlich sp/irlicher. Er wird in Lehrbtichern meist im Anschlu/~ an den Distalbit~ fliichtig abgehandelt. Die Entstehungsursache ist noch immer fraglich. Nach K o r k h a u s [5] soll es zu einer f3berentwicklung des Zwischenkiefers kommen, nach B r o d i e soll durch den tiefen Bifl die Unterlippe verst~irkten Druck auf die oberen zentra- len Schneidez~ihne w~ihrend ihrer Eruption ausiiben und ihre Steilstellung ver- ursachen. W i t t [8] weist in seinen Untersuchungen auf die erh/Shte Muskel- kraft bei steilstehenden Frontz~ihnen hin. Obwohl man h~iufig eine Familien- anamnese findet, wird durch F r ~i n k e 1 und F a 1 k [2] die Erbkomponente angezweifelt und die Fehlbildung Besonderheiten der Motorik, also der Funk- tion zugeschrieben. Das Aufrichten von bereits im Deckbifl durchgebrochenen Schneidez~ihnen x~ach Ver~inderung des funktionellen Gleichgewichts scheinen dies zu beweisen. Auch S c h m u t h [7] fand bei seinen Untersuchungen keine skelettalen Besonderheiten, von einem kleinen Grundebenenwinkel und einem kleinen Gonionwinkel abgesehen. Vor allem konnte er keine rostrale Vergr6- t~erung der Maxilla finden. Der zumeist empfohlene Behandlungsweg beim Deckbifl ~st, durch Labial- kippen der oberen Schneidez~ihne den Deckbit~ in eine distalbifl~ihnliche Mal- occlusion umzuwandeln, und ihn dann als solchen durch Einstellen des Unter- kiefers rnit einem funktionskieferorthop~idischenGer~it weiterzubehandeln.Von allen Autoren wird aber einstimmig auf die Schwierigkeit der Behandlung mit funktionskieferorthop~idischen Ger~iten hingewiesen, und die Erfolgsrate wird nicht sehr hoch eingesch~itzt [5, 6]. Es wird nun die Frage gestellt, ob es nicht einen besseren, der Morphologie entsprechenden Behandlungsweg gibt. Obwohl der Prozentsatz der Patienten mit Deckbit~ relativ gering ist, kann man gerade bei dieser Anomalie die sch/Sn-

Die Morphologie des Deckbisses

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Page 1: Die Morphologie des Deckbisses

H. Droschl, Morphologie des Deckbisses 209

Aus der Universit~itsklinik ftir Zahnheilkunde und Kieferchirurgie Graz (Vorstand : Univ.-Prof. Dr. H. K ~5 1 e)

Die Morphologie des Deckbisses

Von H. Droschl, Graz

Mit 3 Abbildungen

In der kieferorthop~idischen Literatur ist der Distalbi/~ (Klasse II/x) bei wei- tern das bevorzugte Ziel klinischer Untersuchungen. Und eine Vielzahl von Publikationen widmen sich ihm sehr detailliert, l~ber den Deckbifl (Klasse II/2) sind die Informationen wesentlich sp/irlicher. Er wird in Lehrbtichern meist im Anschlu/~ an den Distalbit~ fliichtig abgehandelt.

Die Entstehungsursache ist noch immer fraglich. Nach K o r k h a u s [5] soll es zu einer f3berentwicklung des Zwischenkiefers kommen, nach B r o d i e soll durch den tiefen Bifl die Unterlippe verst~irkten Druck auf die oberen zentra- len Schneidez~ihne w~ihrend ihrer Eruption ausiiben und ihre Steilstellung ver- ursachen. W i t t [8] weist in seinen Untersuchungen auf die erh/Shte Muskel- kraft bei steilstehenden Frontz~ihnen hin. Obwohl man h~iufig eine Familien- anamnese findet, wird durch F r ~i n k e 1 und F a 1 k [2] die Erbkomponente angezweifelt und die Fehlbildung Besonderheiten der Motorik, also der Funk- tion zugeschrieben. Das Aufrichten von bereits im Deckbifl durchgebrochenen Schneidez~ihnen x~ach Ver~inderung des funktionellen Gleichgewichts scheinen dies zu beweisen. Auch S c h m u t h [7] fand bei seinen Untersuchungen keine skelettalen Besonderheiten, von einem kleinen Grundebenenwinkel und einem kleinen Gonionwinkel abgesehen. Vor allem konnte er keine rostrale Vergr6- t~erung der Maxilla finden.

Der zumeist empfohlene Behandlungsweg beim Deckbifl ~st, durch Labial- kippen der oberen Schneidez~ihne den Deckbit~ in eine distalbifl~ihnliche Mal- occlusion umzuwandeln, und ihn dann als solchen durch Einstellen des Unter- kiefers rnit einem funktionskieferorthop~idischen Ger~it weiterzubehandeln.Von allen Autoren wird aber einstimmig auf die Schwierigkeit der Behandlung mit funktionskieferorthop~idischen Ger~iten hingewiesen, und die Erfolgsrate wird nicht sehr hoch eingesch~itzt [5, 6].

Es wird nun die Frage gestellt, ob es nicht einen besseren, der Morphologie entsprechenden Behandlungsweg gibt. Obwohl der Prozentsatz der Patienten mit Deckbit~ relativ gering ist, kann man gerade bei dieser Anomalie die sch/Sn-

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sten und stabilsten Behandlungsergebnisse erzielen. Der Behandlungsplan mug auf die Besonderheiten der Gesichtsmorphologie und des skelettalen Wachs- turns dieser Malocclusion Riicksicht nehmen. Aut~erdem mut~ man in der Lage sein, rein mechanisch eine Behandlung entsprechend diesen Faktoren durchzu- fiihren. Deshalb wird die Anwendung festsitzender Gerate notwendig sein.

Tab. I. Deckbi~f~ille vor Beginn der Behandlung: Winkelmat]e (jeweils in Grad), Mittel- werte (in Klammer jeweils die Standarddeviation)

Altersgruppe I Altersgruppe II Altersgruppe II1 10--13 Jahre 13-16 Jahre tiber 16 Jahre

N = 21 N = 23 N = 6

Sel laWinkel 124,2 (5,1) 124,6 (5,6) 126,0 (5,3) Articulare Winket 143,0 (6,7) 145,8 (6,3) 141,8 (8,0)

GonionWinke l 125,7 (6,2) 119,6 (5,5) 120,5 (2,3)

Summe derWinke l 392,9 (4,5) 390,1 (5,3) 388,3 (5,0)

G o n i o n W i n k e l : o b e r e r T e i l 54,4 (4,7) 50,9 (3,9) 51,0 (4,1)

Gonion Winkel: unterer Teil 70,9 (4,5) 68,7 (3,8) 68,2 (4,4)

Verh~iltnis oberer Tell unterer Tell x 100 43,3 (2,7) ~ 42,5 (2,5) ~ 42,3 (3,3) ~

Winkel S.N.A (Jarabak) 74,7 (3,8) 76,4 (4,1) 75,3 (2,4)

Winke lS .N.A (Downs) 80,1 (2,7) 81,1 (3,6) 80,7 (1,5)

Winkel S. N. B 75,0 (2,8) 76,2 (3,3) 76,3 (2,4) A.N.BDifferenz (Jarabak) -0,4 (2,1) 0,4 (2,4) -1,0 (2,0) A.N.B Differenz (Downs bzw. Steiner) 5,0 (1,3) 4,9 (2,2) 4,3 (1,8)

Unterkieferebenenwinkel 32,2 (4,8) 29,5 (4,7) 28,2 (3,4)

Fazialebenenwinkel 76,5 (2,5) 78,5 (3,5) 79,2 (2,8)

Winkelh in tereGesichtsh6he .S-N 103,6 (3,9) 104,8 (4,0) 104,0 (3,4)

Oberkieferebenenwinkel .S-N 7,5 (3,7) 8,3 (2,5) 9,5 (2,2)

Okklus ionsebenenwinkel . Go-Me 13,7 (3,3) 13,4 (2,8) 13,0 (2,7)

Interinzisalwinkel 140,2 (11,3) 144,3 (15,9) 142,7 (16,5)

Winkel 1 .S-N 89,9 (6,7) 92,5 (13,7) 94,3 (4,1)

Winkel 1 . Go-Me 96,2 (7,2) 93,9 (7,7) 95,0 (12,3)

Der Sinn dieser Arbeit ist, mehr Information fiber die Morphologie des Deckbisses zu geben. Clber die dana& zu erfolgende Behandlungsweise und die Ver~inderungen, die man nach Abschlul~ der Behandlung zu erwarten hat, wird noch gesondert berichtet.

Als Unterlagen fiir diese Untersuchungen dienten 50 behandelte Deckbig- f/ille aus dem Patientengut von Dr. J a r a b a k [3, 4]. Jeder Fall war bereits mindestens ein Jahr in Retention. Von jedem bestanden komplette Unterlagen, bestehend aus einer Serie yon Fernrtintgenseitenbildern vom Beginn der Be- handlung, 3--6 Monate nach Beginn, 7--12 Monate nach Beginn, vom Behand-

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lungsende und 6-~z Monate nach Behandlungsende; bei den meisten F~illen auch Fernr6ntgenbilder 2 und 3 Jahre nach Behandlungsende. Weiterhin aus einer Serie von Panoramar6ntgenbildern, die jeweils gleichzeitig mit den Fern- r6ntgenbildern aufgenommen wurden und einer kompletten Serie von Foto- grafien (ebenfalls zur selben Zeit aufgenommen). Selbstverst~indlich wurden

Tab. II. Deckbit~f~ille vor Beginn der Behandlung: L~ingenmat~e in ram, Mittelwerte (in Klammer jeweils die Standarddeviation)

Altersgruppe I Altersgruppe II Altersgruppe III 10--13 Jahre 13--16 Jahre fiber 16 Jahre

N - - 2 1 N - - 2 3 N = 6

Vordere Sch~ide|basis S-N 73,7 (3,0) 73,7 (3,4) 73,2 (3,2)

Hintere Sch~idelbasis S-Ar 34,3 (2,7) 35,4 (3,5) 34,5 (2,9)

Ramusl/inge Ar-Go 43,3 (4,5) 46,9 (4,8) 49,2 (1,7)

Corpusl~inge Go-Me 68,2 (4,5) 73,6 (5,1) 71,8 (4,6) Gesichtstiefe N-Go 116,3 (5,2) 121,3 (6,8) 120,7 (3,2)

Gesichtsl~inge S-Gn 120,9 (4,6) 125,9 (7,9) 125,5 (4,0)

Hintere Gesichtsh6he S-Go 73,6 (5,0) 78,8 (6,3) 79,7 (2,8)

Vordere Gesichtsh6he N-Me 113,3 (5,0) 116,6 (8,2) 115,2 (5,2) Hintere Gesichtsh6he

Verh~iltnis Vordere Gesichtsh~he x 100 64,8 (4,6) ~ 67,3 (4,1) ~ 69,2 (2,7) ~

Entfernung der Oberkieferebene von S (Senkrechte auf ANS-PNS durch S) 41,7 (2,3) 42,9 (3,7) 42,3 (1,5)

Entfernung Mittelpunkt (Centroid) 1 zu S-N 67,2 (3,6) 68,5 (4,5) 68,2 (2,6)

Entfernung Mittelpunkt (Centroid) 1-zu Go-Me 28,0 (2,3) 29,4 (3,8) 27,2 (3,5)

Entfemung Schneidekantel zu N-Po 5,5 (2,8) 4,4 (3,7) 2,7 (3,6) Entfernung Schneidekante 1 zu N-Po 1,3 (2,8) -0,7 (2,3) -1,2 (3,5)

Entfernung Oberlippe -- E-Linie -2,5 (2,9) -3,5 (2,2) -5,5 (1,9)

Entfernung Unterlippe -- E-Linie -3,1 (3,0) -3,8 (2,4) -5,0 (1,7) Entfernung Schneidekante 1 - - N 79,7 (3,2) 81,4 (5,2) 81,2 (2,9)

Entfernung Unterlippe -- N 77,4 (3,9) 78,2 (5,7) 78,0 (3,6)

Entfernung Oberlippe -- N 73,8 (3,9) 76,4 (4,6) 76,8 (2,3) Vordere Gesichtsh6he oberer Teil 50,8 (4,0) 53,2 (2,7) 53,7 (2,1)

Vordere Gesichtsh6he unterer Teil 62,5 (3,8) 63,5 (6,8) 61,5 (5,1)

oberer Tell Verhaltnis - - - - x 100 44,8 (2,8) ~ 45,6 (2,5) ~ 46,7 (2,4) 0/;

unterer Teil

Gipsmodelle beider Kiefer vom Zeitpunkt des Beginns, des Endes der Behand- lung und ein Jahr nach Behandlungsende zur Untersuchung verwendet.

Von der~ Patienten waren 19 m~innlich, 3~ weiblich. Das Alter zu Beginn der Behandlung lag zwischen ~o und 2o Jahren.

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In dieser Untersuchung wurde der Versuch gemacht, auch die Altersgruppen zu vergleichen (Tab. Ibis III). Dazu wurden drei Gruppen gebildet:

Gruppe I: lo--13 Jahre (2~ Probanden) Gruppe II: 13--16 Jahre (23 Probanden) Gruppe III: fiber 16 Jahre (6 Probanden) Bei der Beurteilung mu~ allerdings die kleine Zahl der Individuen in den

einzelnen Gruppen beriicksichtigt werden. Andererseits sollte doch bedacht werden, daf~ die Zahl der Archive, die tat-

s~ichlich 50 fertigbehandelte, rezidivfreie und in ~ihnlicher Weise dokumentierte Deckbit~f~ille enthalten, auch global gesehen sicher sehr begrenzt ist.

Das Hauptgewicht der Untersuchungen wurde auf die kephalometrische Auswertung gelegt, wobei die yon B j/5 r k angegebene und yon J a r a b a k weiterentwickelte Analyse verwendet wurde (Abb. 1).

Tab. III. Deckbil~f~ille vor Beginn der Behandlung: Modellvermessung in mm, Mittelwerte (in Klammer jeweils die Standarddeviation)

Altersgruppe I Altersgruppe II Altersgruppe III 10--13 Jahre 13--16 Jahre fiber 16 Jahre

N = 21 N = 23 N = 6

Oberkiefer: Platzmangel (arch length discrepancy) 3,0 (3,1) 2,8 (2,3) 3,2 (2,0)

Entfernung 3 + 3 (H~Sckerspitze) 25,8 (2,6) 32,5 (3,3) 31,7 (1,9)

Entfernung 4 + 4 (zentrale Fissur) 33,4 (2,1) 33,2 (2,7) 32,8 (1,5)

Entfernung 5 + 5 (zentrale Fissur) 38,2 (2,6) 37,9 (1,9) 37,8 (1,7)

Entfernung 6 + 6 (zentrale Fissur) 44,7 (2,6) 43,9 (2,3) 45,5 (2,2)

Entfernung 6 q- - -Mit te l l in ie 41,9 (2,6) 42,8 (2,8) 40,5 (0,8)

Entfernung q- 6 - Mittellinie 42,4 (2,5) 42,6 (3,0) 40,3 (1,0)

Unterkiefer: Platzmangel (arch length discrepancy) 2,5 (2,3) 2,0 (3,5) 3,0 (2,6)

Entfernung 3 - 3 (H~Jckerspitze) 25,8 (2,6) 24,8 (2,3) 24,5 (2,9) Entfernung 4 - 4 (zentrale Fissur) 29,1 (2,1) 27,7 (2,5) 28,5 (2,3)

Entfernung 5 -- 5 (zentrale Fissur) 34,7 (2,0) 33,0 (2,2) 33,0 (2,4)

Entfernung 6 - 6 (zentrale Fissur) 40,2 (1,7) 39,0 (2,5) 40,3 (2,6)

Entfernung 6 - - -Mit te l l inie 38,5 (2,6) 38,8 (2,7) 37,3 (2,5)

E n t f e r n u n g - 6 - -Mit te l l inie 39,0 (2,3) 39,0 (2,8) 37,0 (2,2)

Folgende Messungen wurden durchgef~ihrt :

1. W i n k e l (Tab. I): Sella Winkel N.S.Ar., Articulare Winkel S,Ar.Go, Gonion Winkel Ar.Go.Me, Summe der 3 Winkel, Oberer Teil des Gonion Winkels Ar.Go.N., Unterer Teil

oberer Teil des Gonion Winkels N.Go.Me., Verh~ltnis unterer Teil x loo, Winkel

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S.N.A. (Definition nach J a r a b a k), Winkel S.N.A. (Definition nach D o w n s), Winkel S.N.B., A.N.B. Differenz (Definition nach J a r a b a k), A.N.B. Differenz (Definition nach D o w n s bzw. S t e i n e r), Unterkie- ferebenenwinkel S-N.Go-Me., Winkel der Y-Achse zu S-N N.S.Gn., Fa- zialebenen Winkel S.N.Po., Winkel der hinteren GesichtshShe zu S-N N.S.Go, Winkel Oberkieferebene zu S-N N.S.ANS-PNS, Winkel Okklu- sionsebene zur Unterkieferebene, Interinzisalwinkel, Winkel Zahnachse zu N-S (vordere Sch~idelbasis), Winkel Zahnachse T zu Go-Me (Unterkie- ferebene).

2. Entfernungen (Tab. II): Vordere Schgdelbasis S-N, Hintere Sch~idelbasis S-Ar, Ramuslgnge Ar-Go, Corpusl~inge Go-Me, Gesichtstiefe N-Go, Gesichtsl~inge S-Gn (konstru-

Durchnittswerte mit 11 Jahren { darabak)

SNA = 80 ~ 71ram-* 3

123"~ * 5 SNB = 78 ~ ANB = 2 o

32 mm _

~ 44 mm m ~_ 2

-2 bis + 2 mm

130 ~ t ~

71 mm -*

Abb. 1. Die von B j 6 r k a n g e g e b e n e u n d yon J a r a b a k we i te ren twicke l t e A n a l y s e

iert), Hintere Gesichtsh6he S-Go, Vordere GesichtshShe N-Me, Verh~iltnis Hintere GesichtshShe Vordere Gesichtsh6he x 100, Entfernung der Oberkieferebene yon S (gem. durch

eine Senkrechte auf ANS-PNS durch S), Entfernung Centroid 1 zu S-N (ge- messen durch eine Senkrechte auf S-N), Entfernung Mittelpunkt der Achse (Centroid) ~zu Go-Me (gemessen durch eine Senkrechte), Entfernung Schnei-

dekante �9 zu Fazialebene N-Po, Entfernung Schneidekante-~ zu Fazialebene N-Po, Entfernung Oberlippe vonder E-Linie (Ricketts), Entfernung Unterlippe yon der E-Linie (Ricketts), Entfernung Schneidezahnkante x yon N, Entfer- nung Unterlippe von N, Entfernung Oberlippe von N, Obere~ Teil der vorde- ren Gesichtsh~he N-ANS (projeziert auf die Fazialebene), Unterer Teil der vorderen Gesichtsh6he ANS (projeziert auf die Fazialebene) -Me, Verh~iltnis oberer Teil

der vorderen Gesichtsh6he x xoo. unterer Teil

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Z14 For[schri[ee der Kieferorthop~idie 35 (1974) 209--,220

An den Gipsmodellen wurden folgende Messungen dur&gef~hrt (Tab, Ill): Oberkiefer: Platzmangel (at& Iengeh discrepancy) Entfernung 3-[-3 (H~;ckerspitze) Entfernung 4 + 4 (zentrale Fissur) Entfernung 5 + 5 (zen~rale Fissur) Entfernung 6-~- 6 (zen~ra]e Fissur) Entfernung 6 4 (dista]er Kon[aktpunkt) -- Mif~ellinie. Entfernung -§ 6 (distaler Kontaktpunk0 -- Mit~ellinie, Unterkiefer: FlatzmangeI (at& length discrepancy) Entfernung 3-- 3 (HS&erspitze) Entfernung 4--4 (zentrale Fissur)~ Entfernung 5--5 (zentrale Fissur) Er~fernur~g 6-- 6 (zentrale Fissur) En~fernung 6 o- (d~sta~e~ Kon~ak~punkt} -- Mi~te~inie Entfernung --6 (distaler Kon{ak[punkt) -- Mittellinie

Abb 2 Loci@arden eines Behandhmgsfa]bs vol~ Deckb~ zu Beghm der Bd~a~dMng

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H. Droschl, Morphologie des Deckbisses 215

Alle diese Mef~werte wurden auf Lochkarten gespeichert, wobei pro Fall allein fiir alle Werte zu Beginn der Behandlung zwei Lochkarten notwendig waren (Abb. z). Die Abbildun~ 3 zeigt den ,print-out" eines kompletten Fal- les. Mittels Computers wurde die statistische Auswertung durchgefiihrt.

.............. / _NJ2 LV_ I _D_U_ AI~ _ .I, 1_ ....... SEX_ E, ....... K~IR___I ....... _'[ R_ _ TI~IK _ E_I _H_Tbl._ 12 D_~ $_ ..............

7 R K A T H ~ N T

. . . . . M EASURE~EN_T . . . . . . . . .A_GE_ . . . . I ~ ' 8 1 5 _ _ 1 . . . . . . 1 5 ~ . . . . 1_6_____5_ __1.(~__1_1_ I_8___Z . . . . . ?..0___9__

.~ADP_LE A NOkE_ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 2 3 . 118_ . . . . . . . l a_ i . . . . 1 2 1 . . . . . . . 1 2 1 . . . . . . . 1J?,3_ . . . . . . . 17.._3___ A R T I C U L A R ANGLE 1~+1 1 5 1 1 4 7 1 ~ 5 1%5 1 # 1 1%0 G ~ N | AL ANGLE 118 116 117 118 118 119 1~9 sUM OF ANGLES 3 8 2 3 8 5 3 8 5 3 8 ~ 38~, 3 8 3 3 8 ~

, _~_ _N_T_ _ _C_R_ 8_h_' J_8 _L_ ~ 4 S K . . . . . . . . . . . . . . . _75 . . . . . . . . . . . 7 6 . . . . . . . . 7_5 . . . . . . . . . _7_6 . . . . . . . . . . . _75_ . . . . . . . . . _7_5_ . . . . . . . . 7 _ 6 _ _ POST C R A N I A L BASE 3 8 38 3 8 3 9 3 8 3 9 ~,O

. ~_ _B_N_! El._ _A_ NG L_E _ UP P E R . . . . 5R ............. ~_9_ . . . . . . . 5 0 . . . . . . . . 5J, . . . . . 5 1 . . . . . . . . _5.~ . . . . . . . 5_1 .... SONIAL ANGLE LOWER 66 67 67 67 67 67 68 RAMUS ~ H T__.__ 5 6 5 : ~ _ _ _ 5 2 5~, 5 6 5 6 ~6 ~ODY LENGHT 7 5 78 7 7 7 8 78 7 7 7 5

.$_-_.N_-_K_LJA_RA_B_AK) _ __8D. . . . . . . ~ 3 _ 8 0 . . . . . . . . 7 9 _ ___8~_ . . . . . . . . ~O . . . . . . . 7_g __ s - N - A (DOWNS) 8 5 ' 8 6 8 3 8 3 83 8 2 8 2 S~N~B_ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8 ~ ____80_ . . . . . . . . _79 . . . . . . ?_9. . . . . . . . . 80_ . . . . . . . . 7_9_ . . . . . . 7~_ ._ A, ,N=B D I F F E R E N C E ( J ) O 3 1 O 0 1 O A , , N - B DIFFE_R~R._NC~ (OJ . . . . . . ~_ . . . . . j _ _ _ ~ ~ 3 3 R SN - GOGN ~I 2 3 Z~ 2 3 22 22 2~

.F_A__C_I__A_L__DE_PTH N -~_0 . . . . . . . . . . . . . I _25 . . . . . . . . t 2 6 . . . . ~_~_6 . . . . . . . . 127_ . . . . . . . . _I_2...6_ . . . . . . . _i_2__6 . . . . . . . _127____ F A C I A L LENGTH Y , , A X I S 1 3 1 1 3 ~ 1 3 1 1 3 3 ~.33 1 3 2 1 3 3 Y_ -_ A X I ~ _ _TO _S-..N . . . . . . . . . . b 3 __~3 . . . . . . . . . 6 ~ . . . . . 6~_ . . . . . . . 6 3 . . . . . . . . .6~ . . . . . . 6 5 _ _ POST F A C I A L H E I G H T 8 8 8 8 8 7 8 9 8 9 8 9 9 0 ANT F A C ~ E 13HT 117 1_20 119 120 12~ 120 120 R A T I O ! P O S T / A N T 7 5 7 3 73 7 3 7 3 7 3 7 3

.FAC I A L P L A N E _ S N _'L P ~ . . . . 8 3 . . . . . . . 83_ . . . . . 8 2 . . . . . . . . . 82_ . . . . _83_ . . . . . . . . . . 8 2 . . . . . . . ~_2 .... POST F , H , A ~ Q L E NSGO 1 0 0 lOO 1 0 2 lOO 9 9 1 0 0 1 0 0

. p . E R _ P . ~ _ N S _ - P _ ~ S _ T O S . . . . . . . . . . ~ 7 . . _ ~ S . . . . . . . . . ~_6 . . . . . . . . . . ~ 5 . . . . . . # _ 5 _ _ __ ~s . . . . . . . . . . t ~ 5 .

ANG S N ,, P A L A T PLANE 5 6 6 7 7 8 7 ~ C ~ _ P j . A N E T_~._G_~_Q~_ . . . . . . . . . . . .7. . . . . . . l O . . . . . . . i I . . . . . . . . / 1 . . . . ~ 7 10 DENTAL CONVEXITY 151 1 3 5 1 2 2 1 0 2 121 1 2 8 1 2 9

._L_8~ER ~LNC_[S._T_~_G_~_N _ 99_ ... . . . . . . . 1.05 _ _ 1 i_ I . . . . . . 1 1 6 . . . . ~_~7_ . . . . . . . I-(/7_ . . . . . . _1Of___ C E N T R f l I D k I1 �9 GOGN 2 5 27 27 28 28 27 28

..~_N_T__~LD ~IL_~O. ._$_N . . . . . 71 . . . . . . . . . 71 . . . . . Z1 . . . . . 72 . . . . . . . . _77~ . . . . . . . . 7 2 . . . . . . . . . 7-2 _ UII TO SN ANGLE 8 9 96 102 118 110 103 100 �9 LJ ! I 76 FACIAL PLANE . . . . _O __~ 6 9 6 6 6__ LIt TO F A C I A L PLANE " 2 O 2 6 3 3 2

.LO_P_ f_E__R_ _ L I P T 0 E - _L J_ N E . . . . . . . . . . -7_ . . . . . . -'.3 . . . . . . . . . _'_5 . . . . ~_~_ . . . . . . . . _'_9_ . . . . . . . . - 6 . . . . . . . . . _-_~___ LOWER L I P TO E - L I N E " 6 O - 3 - 8 - 5 - 1 -~,

. ~ ._-___U ! _ L _ E D _GE . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . _ 8 ~ . . . . . . . . . _ 8 _ K . . . . . . . . . 8~ . . . . . . _8__!_ . . . . . . . . . . 8__~ . . . . 8_~ . . . . . . . . . . _8_5.___

N " UPPER LIP 77 7 6 8 0 7 7 7 8 7 8 78 N - LOWER L I P 7 7 ._ 8 ~ 8 0 7 7 78 7 8 8 ~ uPPER ARCH LENG D I S C 0 99 99 9 9 9 9 0 9 9

_~J_PP_E__~__3.._- 3 WIDTH . . . . . . . . . . 3 8 . . . . . 9:9 . . . . . . . . . . ~9___ ~ 9 . . . . . . . . 9~ . . . . . . . . . 3 7 _ . . . . 9_9___ UPPER ~+ - ~. WIDTH 3 6 99 9 9 9 9 9 9 3 8 9 9

_ u ~ P E % _ 5 _ _ _ - _ _ 5 _ _ ~ I D T _ ~ _ . . . . . . . 3 8 _ . . . . . . . . . . 9 9 __ 9 9 . . . . . . . . . 9_9. . . . . . . . . . 9 9 . _ ~ . . . . . . . . _9_K__ UPPER 6 - 6 WIDTH ~5 9 9 9 9 9 9 9 9 ~.6 9 9 UPPER 6 - 1 R_I_G~ ~ . . . . . 9~9 9 9 99 9 9 ~tZ, uPPER 6 �9 I L E F T 37 9 9 9 9 9 9 99 $5 99 .~O:ER ARCH__I-EN_G _.D.I~C_ i ~ . . . . . . . . . ~ 9 .... 9 9 _ . 9 9 . . . . . . . . . 99_ . . . . . . . . . 0 _ 9 ~ __ LOWER 3 - 3 w I D T H 22 99 99 9 9 9 9 2 7 9 9

L O ~ E % _ _ ~ _ _ - . . 4 W I D T H . . . . . . . . . . . _ a s _ . 9 9 . . . . . . 9 ~ . . . . . . . . . . 9 . 9 . . . . . s ~ _ 3 1 . . . . . p _ ? _ . . . .

LOWER 5 �9 5 w I D T H 31 9 9 9 9 9 9 9 9 3 6 9 9 LOWER 6 �9 6 w I D T H 38 9 9 9 9 9 9 9 9 4~, 9 q LOWER 6 " I R I G H T 3 2 9 9 9 9 9 9 9 9 ~0 9 9 __L_O_W_E__R___6__- I I.EFT_ .................. 33 99 ......... 99 ....... 99 ...... 99 _. _ #0 ......... _9_9___.

JPPER FACIAL H E I G H T 5 3 5~. 5 ~ 5 4 5 5 5 5 5 5 . _L ? _W_E_ K _ EA _C#_A_ _t._ _ _X_E_ _LG_ _H_T - ........... 6_~_ ........ w ......... 6..~ ......... 6_(,_ ........ _6_5_ ......... _6_5_ ........ ~5___.

d F H / A F N * 1 0 0 ~,5 ~,5 ~5 ~5 ~.6 ~6 ~.6 iJ GON A/GON A ~, 1 0 0 ~'~. ~2 ~'3 ~3 ~'3 ~'5 ~e_'3

Abb. 3. ,,Print-out" eines behandelten Deckbi~falles

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216 Fortschritte der Kieferorthop~idie 35 (1974) 209--220

Ergebnisse Durch die statistische Erfassung der skelettalen und dentalen Abmessungen

war es m~Sglich, ein umfassendes Bild v o n d e r Gesamtmorphologie des Deck- bisses zu gewinnen. Bei der nun folgenden Besprechung werden fiJr jeden Wert drei Zahlen angegeben, wobei die erste fiir die Altersgruppe I gilt, die zweite fiJr die Altersgruppe II und die dritte f[ir die Altersgruppe III, jeweils in Klam- mer die dazugeh~Srige Standarddeviation.

Eine Beschreibung des Deckbisses beginnt mit der Diskussion, ob das Pro- blem skelettal oder nur dental ist. Wenn man im Fernr~Sntgenseitenbild D o w n s A-Punkt als Definition der ventralen Begrenzung der apikalen Basis der Maxilla betrachtet, so ergab sich in diesen Untersuchungen ein Mittelwert von SNA 8o,1 (2,7), 81,1 (3,6), 8o,7 (1,5) o. Fiir SNB ein Mittelwert von 75,0 (2,8), 76,2 (3,3), 76,5 (2,4) o. Diese Werte indizieren eine reine Retroposition der Mandibula. Sie werden noch unterstrichen, wenn wir bedenken, dat~ die oberen Schneidez~ihne beim Deckbit~ steil stehen. Wir fanden als Mittelwert 89,8 (6,7), 92,5 (13,7), 94,3 (4,1) o zur S-N Linie. Man kann erwarten, dal~ die im Laufe der Behandlung erwiinschte Distalkippung der Wurzeln der oberen Schneidez~ihne durch Resorption im Gebiet des A-Punktes eine Verkleinerung des SNA Winkels verursachen wird. Es ergaben sich also keine Anzeichen eines maxill~iren Prognathismus. J a r a b a k greift diesem Ab- und Umbauprozef~ bereits in seiner Diagnostik vor. Er nirnmt seinen A-Punkt z mm vor der Wur- zel etwa in H~She des iiblichen A-Punktes des bereits theoretisch zurtickgekipp- ten oberen Schneidezahnes an. Wir fanden als Durchschnittswert fiJr diesen SNA Winkel 74,7 (3,8), 76,4 (4,1), 75,3 (2,4) o

Als Vergleichsm~Sglichkeit f~ir den Sella-, Artikulare- und Gonionwinkel dienen B j 8 r k s Mittelwerte fiir Elfj~ihrige (jeweils mit B bezeichnet). Wir fanden den Sellawinkel mit 124,2 (5,1), 124,6 (5,6), ~26,o (5,3) o (B 123 ~ --Z-_ 5) und den Artikularewinkel mit ~43,o (6,7), ~45,8 (6,5), 141,8 (8,0) o (B 145 ~ + 6) nahe an B j t5 r k s Mittelwerten. Der Gonionwinkel yon ~25, 7 (6,2), 119,6 (5,5), 12o,5 (2,3) o (B ~5o ~ + 7) zeigte hingegen einen signifikant klei- neren Wert. Damit war auch die Summe dieser drei Winkel yon 392,9 ~ (4,5), 39o, 1~ (5,3), 388,5 ~ (5, o) (B 596~ deutlich verkleinert. Nach der J a r a b a k - Analyse ist dies das erste Zeichen fiir die zu erwartende Wachstumsrichtung. Hier sei auf das Kleinerwerden des Gonionwinkels im Rahmen der Rotation des Unterkiefers gegen Ende der Pubert~it hingewiesen.

In der Gruppe der lo bis 15-j~ihrigen ktSnnen die L~ingenmal~e ebenfalls mit B j ~5 r k s Werten verglichen werden. Die vordere Sch~idelbasis 75,7 (3,o), 73,7 (3,4), 73, 2 (3,2), B 71 --- 3) mm, die hintere Sch~idelbasis 34,5 (2,7), 35,4 (3,5), 34,5 (z,9) (B 3z + 3) mm sind leicht gr~51~er. Die Ramush~She mit 43,3 (4,5), 46,9 (4,8), 49,2 (1,7) (B 44 -+ 5) mm fast gleich und die Corpusl~inge von 68,a (4,5), 73, 6 (5,1), 71,8 (4,6) (B 71 _+ 5) mm ist leicht verkiirzt.

Der Gonionwinkel ist nach der J a r a b a k -Analyse der zweite Faktor, der auf die zu erwartende Wachstumsrichtung hinweisen kann. Dieser Winkel wird durch die Linie der Gesichtstiefe N-Go unterteilt. Ein grof~er oberer Teil (54 ~ und mehr) l~it~t auf einen vorw~irts schwingenden Ramus schliet~en, ist dieser Tell klein (5o ~ und weniger) auf einen eher nach r~ickw~irts schwingen-

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H. Droschl, Morphologie des Deckbisses 217

den. Wir fanden beim Deckbil~ einen Schnitt yon 54,4 (4,7), 50,9 (3,9), 51, ~ (4,~) o, ein Weft, der zwischen den angegebenen liegt, damit wecler ein beton- tes Vorw~irts- noch Riickw~irtsschwingen des Ramus erwarten l~il~t.

Der gefundene Mittelwert ffir den Winkel SNGoMe war 32,2 (4,8), z9,3 (4,7), z8,2 (3,4) o. Hier wieder sichtbar ist die Tendenz des Winkelschlusses beim )~lterwerden, ,counter clockwise" Rotation.

Fiir den Winkel der Y-Achse zu S-N 67,7 (2,3), 66,9 (4,o), 66,3 (3,9) o Das dritte Zeichen zur Erkennung der zu erwartenden Wachstumstendenz

ist das Verh~iltnis hintere durch vordere Gesichtsh6he mal loo. Ein Wert yon 56--620/0 bei 11-j~ihrigen zeigt ein eher vertikales Wachstum mit nach hinten schwingender Mandibula (clockwise) an, ein Wert yon 65--8o~ eine eher horizontale Wachstumsrichtung mit vorw~irtsschwingender Mandibula (coun- ter clockwise). Wir fanden einen Mittelwert yon 64,8 (4,6), 67,3 (4,~), 69,2 (2,7) %. In den hSheren Altersgruppen wird das Verh~iltnis durch das relativ st~irkere Wadastum der hinteren GesichtshShe im Sinne der erwarteten Rota- tion beeinflut~t [6].

Alle diese Zeichen lasseri nun die Wachstumstendenz klar absch~itzen. ,,Counter clockwise", das heil~t also eher horizontal mit einer deutlichen Ten- denz der BiRvertiefung. Dies sollte man bei der Behandlung stets beriicksich- tigen. Man sollte alles unterlassen, was eine Verst~irkung des 12berbisses ver- ursachen kSnnte.

Alle oben angef/ihrten Messungen sind nicht nur beim Deckbit~ vorhanden. Sowohl Kinder mit guter Okklusion, als auch solche mit anderen Malokklu- 'sionen kSnnen ~ihnliche skelettale Mane haben. Das Typische am Deckbi~ scheint also ein dentales Problem zu sein und keine besondere skelettale Ab- weichung.

Wie allgemein bekannt, besitzen Deckbisse zumeist groi~e alveol~ire Basen, die gen/igend Platz fiir die Zahnbogen bieten. Wir fanden dennoch einen durchschnittlichen Engstand yon 3,o (3,~), 2,8 (2,3), 3,2 (2,0) m m i m Oberkie- fer. Dieser wurde durch die Retroinklination der zentralen Schneidez~ihne her- vorgerufen. Die obere Schneidezahninklination yon 89,8 (6,7), 92,5 (13,7), 94,3 (4,~) o zur S-N Ebene zeigt eine deutliche Abweichung vonder Idealinkli- nation yon lo2 ~ (R i e d e 1).

Es wurde bei dieser Untersuchung der Versuch gemacht, die Entfernung der oberen Schneidezahnkante, der Kontur der Oberlippe und die der Unterlippe von Nasion N zu vergleichen, um die funktionelle Entstehungstheorie zu iiber- pr/ifen. Alle wurden durch eine Senkrechte auf die vordere Gesicht.shShe N-Me gemessen. Es wurde gefunden, dal~ w~ihrend der Behandlung diese Entfernung bei den Lippenkonturen um ~--2 mm mehr zunahm als bei den oberen Schnei- dezahnkanten. Aber die Differenz ist zu schmal, um als Beweis fiir diese Theo- rie zu gelten.

Allerdings als Vorgriff auf die Untersuchungen der Zeit nach Behandlungs- ende sei erw~ihnt, dat~ diese Differenz sich auf 3,3 mm vergrSRerte.

Der untere Zahnbogen ist in Deckbit~f~illen meist wohlgeformt. Wir fanden als Mittelwert einen Engstand von 2, 5 (2,3), 2,o (3,5), 3, ~ (2,5)mm. Es kann angenommen werden, dal] die F~ille mit gut geformtem Unterkieferzahnbogen

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rein funktionell nach distal verlagert sind. Nach Entfernung der funktionellen Interferenzen wird sich der Unterkiefer fast yon selbst richtig einstellen. Die F~ille mit Engstand ktSnnen als neuromuskul~ir angesehen werden, sie k6nnen auch als Klasse I Verzahnung vorkommen.

Eine tiefe Spee'sche Kurve und ein tiefer Big mit stark herausgewachsenen unteren Schneidez~ihnen vervollst~indigen das Bild. Als Mittelwert f~ir die An- gulation der unteren Schneidez~ihne gegen die Unterkieferebene GoMe fanden wir 96,2 ~ (7,2) 93,9 ~ (7,7) 95, ~ (lz,3). Die Schneidezahnkanten befanden sich dabei ~,3 (2,8) --0, 7 (z,3) - ~ , z (3,5) mm vor der Fazialebene N-Po, nach der J a r a b a k-Analyse eine ideale Position. In den h~Sheren Altersgruppen komrnt es durch das Wachstum des Kinns zu einem deutlichen Absinken des Wertes in den Minusbereich.

Die Kanten der oberen Schneidez~ihne befanden sich 5,5 (2,8), 4,4 (3,7), 2,7 (3,6) rnm vor der Fazialebene. 5 +- 2 mm gelten als normal. Deshalb ist es beim Deckbig nicht indiziert, die Inklination der oberen Schneidez~ihne durch Vor- wgrtskippen der Kronen zu berichtigen. Eine Behandlung, die durch Vorw~rts- kippen der oberen Schneidez~ihne zuerst ei.ne distalbig~ihnliche Okklusion zu er- reiclaen versucht und dann den Unterkiefer entsprechend einstellen will, ist des- halb abzulehnen. Das wesentlich stabilere Ergebnis wird eine Behandlung brin- gen, die gleich zu Beginn die Wurzeln der oberen Schneidez~ihne nach distal zu kippen in der Lage ist. Der BiB wird dadurch geSffnet und der Unterkiefer wird fast von selbst nach vorne gleiten. Wit arbeiten damit nicht gegen die beim Deckbig besonders straffe circumorale Muskulatur.

Das Weichteilprofil, bezogen auf R i c k e t t s' E-Linie ("esthetic line") zeigte als Mittelwert fiir die Oberlippe --2,5 (2,9), - -3 ,5 (2,2), - -5 ,5 (~,9)mm und fiJr die Unterlippe --3,~ (3,o), --3,8 (2,4), --~,2 (3,5)ram. Damit liegt die Oberlippe innerhalb der Normalwerte (--~ bis - 4 mrn) fiir ein gutes Profil, die Unterlippe aber signifikant dahinter (0 bis + 2 mm).

Wenn wir nun alle Ergebnisse zusammenfassen, so bekomrnen wir ein recht genaues Bild vonder Morphologie des Deckbisses, das ziemlich genau auf alle F~ille in allen Altersgruppen pagt. Es ergaben sich fiJr alle drei Altersgruppen fast identische skelettale Werte. Die morphologischen Ver~nderungen der Mandibula in den hSheren Altersgruppen sind typisch fi.ir den DeckbilL Der Be- handlungsplan wird in fast allen F~illen ~ihnlich sein und zu stabilen Ergebnis- sen fiJhren, wenn wir die Hauptcharakteristika beriJcksichtigen :

�9 . Es gibt keine Anzeichen einer skelettalen Abweichung von den Gruppen mit Normokklusion. Als einziger skelettaler Teil nimmt die Mandibula eine mehr distale Position ein, die aber auf funktionelle oder neuromuskul~ire Ein- fliisse zurtickzuftihren ist, Entfernt man bei den F~illen mit funktionellen In- terferenzen diese, gleitet die Mandibula fast von selbst an den richtigen Platz nach vorne.

2. Die Wachstumsrichtung des Unterkiefers aller Deckbil~f~ille ist fast gleich, n~mlich vorw~irts rotierend (counter clockwise) mit einer den l~Iberbit~ vertie- fenden Tendenz. Dies sollte man im Behandlungsplan ber~icksichtigen und be- sonders die Extraktion von Pr~imolaren vermeiden, die ja zur Bigvertiefung ftihrt. Wenn man Platz fiJr den meist leichten Engstand schaffen mug, sollte

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H. Droschl, Morphologie des Deckbisses 2 1 9

m a n e h e r v e r s u c h e n , d ie M o l a r e n n a c h d i s t a l z u b e w e g e n , e v e n t u e l l d a z u so-

g a r d ie z w e i t e n M o l a r e n z u e x t r a h i e r e n , f a l l s s e h r v i e l P l a t z b e n t i t i g t w i r d . D a -

d u r c h w i r d d e r Bif~ zuve r l~ i s s ig ge /Sf fne t . D i e W e i s h e i t s z ~ i h n e w e r d e n d a n n a n

d e n P l a t z d e r z w e i t e n M o l a r e n t r e t e n u n d d e n Z a h n b o g e n w i e d e r v e r v o l l -

s t a n d i g e n . Z u s ~ i t z l i c h e n P l a t z v o r a l l e m i m U n t e r k i e f e r w i r d m a n d u r c h V o r -

w ~ i r t s k i p p e n d e r S c h n e i d e z ~ i h n e e r r e i c h e n k~Snnen. D o c h s o l l t e n s ie n i c h t w e i -

t e r a ls 2 m m v o r d ie F a z i a l e b e n e z u l i e g e n k o m m e n .

3. U m d e n Bil~ p e r m a n e n t z u h e b e n , muf~ m a n d ie s t a r k e S p e e ' s c h e K u r v e

e l i m i n i e r e n . D i e s e r r e i c h t m a n v o r a l l e m d u r c h d i e E x t r u s i o n d e r u n t e r e n M o -

l a r e n u n d P r a m o l a r e n , w o b e i a u c h d ie S c h n e i d e z ~ i h n e v o r i i b e r g e h e n d i n t r u d i e r t

w e r d e n k~Snnen.

Zusammenfassung 50 Deckbiflf~ille wurden mit Fernr/Sntgenseitenbildern und Gipsmodel len beider Kiefer

vermessen und die Ergebnisse mittels Computer ausgewertet. Es zeigte sich skelettal keine Abweichung yon den Durchschnit tswerten mit Normalokklusion. Als einzige Abweichung war eine funktionelle Retrusion der Mandibu la zu finden. Der Gonionwinkel kann als signifikant kleiner gewertet werden. Dental ist besonders die Steilstellung der oberen Schneidez~ihne signifikant, die aber, um ein stabiles Behandlungsergebnis zu erhalten, durch Distalkippen der Wurzeln korrigiert werden sollte.

Die horizontale, bit~vertiefende Wachstumstendenz sollte als Kontra indika t ion fiir eine Pr~imolarenextraktion gelten.

Summary 50 Angle Class II/2 cases were invest igated by measur ing tracings and plaster models.

All these measurements were evaluated by a computer. No skeletal aberrat ions were found compared to normal occlusions. The mandible was

found to retrude only when in function. The Gonial angle was significant smaller. The upper incisors were generally in a significant retruded position. The angle of the upper incisor axis to SN was small. To get stable t rea tment results one has to tip the roots of the incisors posteriorly while holding the crowns.

The horizontal and bite closing growth direction should be taken as a contra- indicat ion for a premolar extraction.

R4sum4 Les t616radiographies de profil et les moulages en pl~tre des m~choires de 50 cas de

Classe II, division 2 (Deckbil~) ont 6t6 rnesur6s et les r6sultats mis en valeur par ordina- teur.

I1 n 'a 6t6 relev6 aucunediff6rence squelett ique avec les valeurs moyennes de l 'occlusion normale. Le seul 6cart a consist6 dans une r6trusion fonctionnelle de la mandibule. Au point de rue dentaire, la posit ion tr6s droite des incisives sup6rieures est significative, mais l 'on peut s 'at tendre ~ un r6sultat stable de t ra i tement s'il a 6t6 effectue une disto-version des racines. La croissance ~ pr6dominance horizontale, ayant tendance ~t aggraver la supra- clusion doit ~tre consid6r6e comme une contreindicat ion aux extractions de pr6molaires.

Sdlrifttum 1. B y 1 o f f - C 1 a r , H., H. D r o s c h 1 : Ergebnisse yon Nachkontrol len beim Deckbilil.

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Anschr. d. Verf.: Ass. Dr. H e 1 ra u t D r o s c h 1, Universit~itsklinik fiir Zahnhe i lkunde und Kieferchirurgie, A-8036 Graz-LKH.