Fait clinique. Ein Fall von Wiederanwachen einer vollstandig abgeschnittenen Ohr-

muschel. Voriges Jahr behandelte ich folgenden, nicht alltaglichen Fall, der so-

wohl mit Bezug auf die Regenerationsfahigkeit uberlebenden, mensch- lichen Gewebes wie als Ausdruck ostasiatischer Psyche von Interase sein durfte.

Am 16 August 1928 wurde einem Chinesen von einem Rassenverwand- ten die linke Ohrmuschel mittelst einer Scheere abgeschnitten. Mit der in einem Stuckchen Papier gewickelten Ohrmuschel wandte er sich an einen Arzt mit der Bitte, das Organ wieder an den Kopf zu nahen. Der Kollege erklarte die Sache fur unmoglich. Der Chinese liess es dabei nicht bewenden und wandte sich, zwei Stunden nach dem Unfall, an mich. Der magere, gut gebaute Mann von mittlerem Alter klagte nur uber lokalen Schmerz. Es zeigte sich, dass bis auf einen kleinen Teil des Lappchens, die linke Ohrmuschel ganzlich fehlte. Mit dem Helix war ein kleines Stuck- chen Kopfhaut (zirka 0,5 cm) mitabgeschnitten worden. Die Kopfhaut blutete ein wenig, die Wundflache selbst nicht mehr. Die abgeschnittene Muschel war kalt und blass. Nachdem die Muschel einige Minuten in physiologischer Salzlosung gelegen hatte, wurde sie durch neun Seiden- nahte mit der Kopfhaut verbunden. Steriler Verband. Nach drei Tagen sahen der obere Muschelrand und der mediale Teil des Lappchens dunkel- blau verfarbt aus.

Am 21. August hatte die Verfarbung etwas abgenommen. Im nicht verfPbten Teil fuhlte der Pat. Stechen ohne Schmerzempfindung. Nach weiteren drei Tagen wurden einige Nahte entfernt; keine Nahteiterung. Die oberflachliche Nekrose hatte sich uber einen kleinen Teil der hinteren Muschelflache ausgedehnt.

Am 26. August wurden die ubrigen Nahte entfernt. Die Nekrose hatte sich noch ein wenig auf den oberen Teil der vorderen Muschelseite aus- gedehnt. Nach einigen Tagen wurden die nekrotischen Epidermispartien abgestossen.

Bis dahin war mit sterilem Borsalbeverband behandelt worden; am 20. September: Steriler Gazestreifen hinter dem Ohr; schliesslich ein Paar Tage Xeroformpulver.

Am 15. September: Die Haut vollig hergestellt.

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366 FAIT CLINIQUE

Am 28. September war das Ohr vollstandig angewachsen und genesen; normale Horscharfe.

Dieser Fall zeigt wiederum, dass auch umfangreiche abgeschnittene Ohrmuschelteile immer wieder angenaht werden sollen. P a s s o w er- wahnt in ,Die Verletzungen des Gehororganso einen Fall, wo die Muschel noch langer als bei meinem Fall, und zwar acht Stunden, vom Kopf getrennt gewesen war und dennoch wieder zum Anheilen gebracht wurde.

R. A. Oldenstain. BIilitPrarzt der niederliindisch-indischen

Armee, Makassar (Celebes).

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